Sonntag, 21. Februar 2016

Friedrich Hölderlin - Die Eichbäume

Naturdenkmal "Dicke Eiche" bei Fredelsloh


                                                               Die Eichbäume


                                Aus den Gärten komm ich zu euch, ihr Söhne des Berges!
                                Aus den Gärten, da lebt die Natur geduldig und häuslich,
                                Pflegend und wieder gepflegt mit dem fleißigen Menschen zusammen.
                                Aber ihr, ihr Herrlichen! steht, wie ein Volk von Titanen
                                In der zahmeren Welt und gehört nur euch und dem Himmel,
                                Der euch nährt` und erzog, und der Erde, die euch geboren.
                                Keiner von euch ist noch in die Schule der Menschen gegangen,
                                Und ihr drängt euch fröhlich und frei, aus der kräftigen Wurzel,
                                Unter einander herauf und ergreift, wie der Adler die Beute,
                                Mit gewaltigem Arme den Raum, und gegen die Wolken
                                Ist euch heiter und groß die sonnige Krone gerichtet.
                                Eine Welt ist jeder von euch, wie die Sterne des Himmels
                                Lebt ihr, jeder ein Gott, in freiem Bunde zusammen.
                                Könnt ich die Knechtschaft nur erdulden, ich neidete nimmer
                                Diesen Wald und schmiegte mich gern ans gesellige Leben.
                                Fesselte nur nicht mehr ans gesellige Leben das Herz mich,
                                Das von Liebe nicht läßt, wie gern würd ich unter euch wohnen.



                      (Friedrich Hölderlin, 1796/8)

Mittwoch, 3. Februar 2016

Klabund - Ein Philosoph




             Ein Philosoph


Ein Philosoph schlug einen Kreis.
Wer weiß,
Was er damit bedachte.
Und siehe da  -  wie hingeschnellt
Hat sich ein zweiter zugesellt,
Da war es eine Achte.
So geht´s den Philosophen meist,
Daß sie zwei nackte Nullen dreist
Zu einer Acht erheben.
Doch sehn sie das Exempel ein?
Nein.
Wo bliebe sonst ihr Leben?

                                           Klabund (1890 – 1928)



Erschienen in der Satire-Zeitschrift „Das Stachelschwein“ 3 / 1927.

„Das Stachelschwein“ erschien von 1924 bis 1929 in Frankfurt am Main, Gründer war der Kabarettist und Zeichner Hans Reimann. In der letzten Lebensphase des „Stachelschwein“s organisierte er auch Autorenabende in Berlin. Die zeitgenössische Presse berichtete: „Hans Reimanns piekende Monatsschrift hatte in die Kunstkammer Wasservogel eingeladen. Bei einem Tee und anderen leiblichen Genüssenstellten sich die Hauptmitarbeiter vor. Um es gleich zu sagen: der Nachmittag war entzückend   . . .   Karl Schnog hatte die Conférence dieses bissigen Kabaretts übernommen und plauderte witzig drauflos. Max Herrmann-Neiße sprach ironisch-bittere und dennoch gefühlsstarke, von Musik getragene Gedichte aus einer Kleinstadt und endete bei einem hymnischen, das Herz fast sprengenden Liebeslied. Politisch-sarkastisch und Aktualitäten glossierend, kam Erich Weinert. Den Vogel schoß der Chef ab. Schüchtern trat er mit einem Electrola-Apparat aufs Podium, und zu untextierten Platten sprach er seine Texte, inhaltlich unsere Zeit spiegelnd und musikalisch auf die Klänge aus dem Koffer eingestellt. . . „

(Zitiert aus: „Bis fünf nach zwölfe kleine Maus  -  Streifzug durch siebzehn satirische Zeitschriften der Weimarer Republik“, herausgegeben von W. U. Schütte, Buchverlag Der Morgen Berlin 1986)