tag:blogger.com,1999:blog-21377462423195460712024-03-28T00:44:22.592-07:00Dingefinders LesebuchIch möchte in diesem Blog Werke von Dichterinnen und Dichtern einstellen, welche mir bei meinen Streifzügen durch die Welt der Poesie begegnet sind, und die mir gefielen. So wird dies ein ganz persönliches Kompendium, von dem ich mir dennoch erhoffe, dass es auch anderen Menschen Freude macht. Also, viel Spaß beim Stöbern wünscht Dingefinder Jörg Krüger. Jörg Krügerhttp://www.blogger.com/profile/09225622919254017543noreply@blogger.comBlogger979125tag:blogger.com,1999:blog-2137746242319546071.post-43228292888720081152024-03-28T00:43:00.000-07:002024-03-28T00:43:40.490-07:00Sophie Friederike Brentano: An einem Baum am Spalier<p> </p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEjT92pp3lSkry8yEbzLvoKbBOGSHLDz7tDSZvlQ3SyHGf7Ok9_ns_haJI4CvloD1GEYWYsT5UGj-2ZvZP6mlDqG2rltfnKEbkCcxlJHpe7hrjYMQP07JDl0EK_NLeT54g5gOCYyXUsbm-CJC3_tXgG10YF9lZEYbU7ble21P0jwGVwleH1jj2u4dbjlB44" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img alt="" data-original-height="873" data-original-width="1173" height="391" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEjT92pp3lSkry8yEbzLvoKbBOGSHLDz7tDSZvlQ3SyHGf7Ok9_ns_haJI4CvloD1GEYWYsT5UGj-2ZvZP6mlDqG2rltfnKEbkCcxlJHpe7hrjYMQP07JDl0EK_NLeT54g5gOCYyXUsbm-CJC3_tXgG10YF9lZEYbU7ble21P0jwGVwleH1jj2u4dbjlB44=w526-h391" width="526" /></a></div><span style="font-family: arial; font-size: medium;"><div><span style="font-family: arial; font-size: medium;"><br /></span></div><br /><b>An einen Baum am Spalier </b><br /><br />Armer Baum! - an deiner kalten Mauer<br />festgebunden, stehst du traurig da,<br />fühlest kaum den Zephyr, der mit süßem Schauer<br />in den Blättern freier Bäume weilt<br />und bey deinen leicht vorübereilt.<br />O! dein Anblick geht mir nah!<br />und die bilderreiche Phantasie<br />stellt mit ihrer flüchtigen Magie<br />eine menschliche Gestalt schnell vor mich hin,<br />die, auf ewig von dem freien Sinn<br />der Natur entfernt, ein fremder Drang<br />auch wie dich in steife Formen zwang. <br /><br />Sophie Friederike Brentano, geboren am 27. 3. 1770 als Sophie Schubart, gestorben 31. 10. 1806 <br /><br />Obwohl Sophie Schubart gegenüber der Ehe große Vorbehalte empfand, heiratete sie 1793 aus ökonomischen Gründen den Jenaer Bibliothekar und Juraprofessor Friedrich Ernst Carl Mereau. <br /><br />Die Mereaus lebten in Jena, wo Sophie Mereau durch die Vermittlung ihres Ehemannes Friedrich Schiller kennenlernte. 1791 veröffentlichte sie erste Gedichte in Schillers Thalia. Im Hause der Mereaus verkehrten neben Schiller auch Jean Paul, Johann Gottfried Herder, Friedrich und Ludwig Tieck, Johann Gottlieb Fichte, Friedrich Schelling sowie August Wilhelm, Friedrich und Dorothea Schlegel.[ <br /><br />Schiller erkannte ihr Talent, auch wenn er ihr aufgrund ihres Geschlechts nicht zugestand, tatsächlich Kunst zu schaffen („Ich muß mich doch wirklich darüber wundern, wie unsere Weiber jetzt, auf bloß dilettantischem Wege, eine gewisse Schreibgeschicklichkeit sich zu verschaffen wissen, die der Kunst nahe kommt.“). Er förderte sie, indem er ihre Gedichte in seiner Zeitschrift Die Horen und in seinem Musenalmanach abdruckte. <br /><br />Nach dem Tod ihres sechsjährigen Sohnes Gustav im Jahr 1800 lebte sie getrennt von ihrem Mann und ließ sich 1801 im Herzogtum Sachsen-Weimar scheiden. Gemeinhin gilt dies als die erste von einer Frau initiierte Scheidung im Herzogtum. <br /><br />Gemeinsam mit ihrer Tochter, die ihr Mereau unüblicherweise überließ, baute sie sich in Camburg ein neues Leben auf. Sie konnte von ihrer literarischen Tätigkeit leben, so dass sie finanziell unabhängig war. Als sie von Clemens Brentano schwanger wurde, heiratete sie ihn im Jahr 1803. Durch Brentanos Eifersucht und besitzergreifende Art fühlte sie sich eine Zeit lang eingeschränkt. Einer Freundin schrieb Mereau, das Zusammenleben mit Brentano enthalte Himmel und Hölle, aber die Hölle sei vorherrschend. Das Ehepaar lebte zuerst kurz in Marburg und wieder in Jena, ab 1804 in Heidelberg. <br /><br />Ende 1805 hatte Sophie Brentano mit ihrem fünften Kind eine Fehlgeburt und erkrankte infolgedessen. 1806 starb sie im Alter von 36 Jahren bei der Geburt ihres sechsten Kindes im Kindbett.[6] Alle drei Kinder mit Brentano starben vor ihr selbst. Sie wurde in Heidelberg auf dem Armenfriedhof der Kirche St. Anna beigesetzt. (Wiki) <br /></span><br />Jörg Krügerhttp://www.blogger.com/profile/09225622919254017543noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-2137746242319546071.post-70260641111422337332024-03-17T03:59:00.000-07:002024-03-17T03:59:55.145-07:00Paul Kraft: Nacht-Lied / Lied beim Aufwachen am Morgen<p> </p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEgK9NbABKkHknoJlTMTDMYKmyDAfa08A2XUvJv9kCCjlTPxVSBz4o1ikpQOWuAsObjzsR0ai9MAdxCeursYAQSzrVDra5jU8GOUyvy4fXQgJE5De76kTULY0xtL7mB0ifIoh6Dt6xhpq8SFKEZ9eQjNq2sNIXiaagfqgX8Ya9pbCdxV5-mquSq7l6pBv_g" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img alt="" data-original-height="1072" data-original-width="645" height="615" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEgK9NbABKkHknoJlTMTDMYKmyDAfa08A2XUvJv9kCCjlTPxVSBz4o1ikpQOWuAsObjzsR0ai9MAdxCeursYAQSzrVDra5jU8GOUyvy4fXQgJE5De76kTULY0xtL7mB0ifIoh6Dt6xhpq8SFKEZ9eQjNq2sNIXiaagfqgX8Ya9pbCdxV5-mquSq7l6pBv_g=w369-h615" width="369" /></a></div><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><br /></div><span style="font-family: arial; font-size: medium;"><div><span style="font-family: arial; font-size: medium;"><br /></span></div><b>Nacht-Lied </b><br /><br />Abende im Bette zu liegen<br />Unter den Bildern und Sternen<br />Und im Dufte der Fernen<br />Selig sich wiegen. <br /><br />Gleitend in Decken zu fahren<br />Durch goldene Weiten<br />Und in Seligkeiten<br />Durchleuchtet sich baden. <br /><br />Federn und Laken voll Güte,<br />Nacht - und Süße - beschattet.<br />Was im Lichte sich mühte,<br />Ist nun ermattet. <br /><br />(Alles löst sich von dir,<br />Chemie und Mathematik,<br />Des Lehrers dämonischer Blick<br />In dein beglänztes Revier.) <br /><br />Denken an eine Frau,<br />Die nackt und ganz nah an dir lag,<br />An Duft von Weiche und Blau<br />Und Teppichgemach. <br /><br /><br /><b> Lied beim Aufwachen am Morgen </b><br /><br />Morgendlich angeschmiegt<br />An schmeichelnde Kissen,<br />Wehes, das dich umfliegt,<br />Ist nun zerrissen. <br /><br />Freundlich funkelt noch nach,<br />Was du im Schlafe genossen,<br />Was dich, halbträumend, halbwach - <br />Leuchtend umflossen. <br /><br />Seidenes und kühles Gedicht<br />Klingt in dir.<br />Schwebendes, tanzendes Licht<br />Verstrahlt an dir. <br /><br />Glieder werden wie Gold,<br />Sind so dem Leben entbebt.<br />Alles ist nun verzollt,<br />Was du mit Beben gelebt. <br /><br />Glieder lösen sich sanft,<br />Werden gewichtlos und leicht.<br />Liebe, die zu dir sich neigt,<br />Führt dich aus Nacht in den Tag. <br /><br />Paul Kraft, aus: Gedichte, Kurt Wolff Verlag, Leipzig, als achtzehnter Band der Bücherei „Der jüngste Tag“, 1915<br /><br />Paul Kraft, geboren am 28. April 1896 in Magdeburg – Sudenburg, gestorben am 17. März 1922 in Berlin, Lyriker, erste Veröffentlichungen ab 1913 in der von Franz Pfempfert herausgegeben Zeitschrift Die Aktion. Durch Vermittlung von Franz Blei erscheint 1915 im Kurt Wolff Verlag in der Reihe „Der jüngste Tag“ sein Band Gedichte. Er stirbt am 17. März 1922 an den Folgen einer falsch behandelten Lungentuberkulose im Krankenhaus Neukölln in Berlin. <br /><br />In der verdienstvollen Reihe VERSENSPORN erschien 2022 das Heft Nr. 49, es bietet mit insgesamt 32 Texten neben einer Auswahl aus Krafts einzigem Band „Gedichte“ auch einige nur verstreut veröffentlichte Gedichte sowie eine größere Anzahl unveröffentlichter Texte, die die Grundlage für das 1921 nicht zustande gekommene Gedichtbuch 1921 bildeten.<br /></span><br />Jörg Krügerhttp://www.blogger.com/profile/09225622919254017543noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-2137746242319546071.post-39014925179441329742024-03-16T01:17:00.000-07:002024-03-16T01:17:57.559-07:00Paul Boldt: Vormorgens<p> </p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEiC4R035670hKYvmmwNF8bP6T18LpxHEM-RmEqGeaXi5E2xMB23sD-mbb7F_FxSM5shI7wA4ZwCIm8a3D2sa7yxPPXsUcAEnutWyHxY1nTUAbshQMZKxlNQkNpEC4wD6EVzu_nn3sCqVGJTTacfiIEu_5aRdxtr3j4Psdczs-S14Ew8LYbmtszlFvLJb5I" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img alt="" data-original-height="500" data-original-width="318" height="540" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEiC4R035670hKYvmmwNF8bP6T18LpxHEM-RmEqGeaXi5E2xMB23sD-mbb7F_FxSM5shI7wA4ZwCIm8a3D2sa7yxPPXsUcAEnutWyHxY1nTUAbshQMZKxlNQkNpEC4wD6EVzu_nn3sCqVGJTTacfiIEu_5aRdxtr3j4Psdczs-S14Ew8LYbmtszlFvLJb5I=w344-h540" width="344" /></a></div><span style="font-family: arial; font-size: medium;"><div><span style="font-family: arial; font-size: medium;"><br /></span></div><br /><b>Vormorgens</b><br /><br />Schneeflocken klettern an den Fensterscheiben,<br />Auf meinem Schreibtisch schläft der Lampenschein,<br />Und hingestreute Bogen, weiß und rein,<br />Ich wollte wohl etwas von Versen schreiben.</span><div><span style="font-family: arial; font-size: medium;"><br />Der Tag ist nah. Die Jalousien schurr’n,<br />Die letzten Sterne torkeln von den Posten.<br />Der Tag ist nah, den unbesternten Osten<br />Bevölkern Morgenwinde schon purpurn. <br /><br />Und mich bewachsen Abende, beschatten<br />Die Jahre! O ich dunkle ein.<br />Das Gas singt in den Gassen Litanein,<br />Dass meine Augen so sehr früh ermatten. <br /><br />Paul Boldt, aus: Junge Pferde! Junge Pferde!, Kurt Wolff Verlag Leipzig 1914<br />Auch in: Junge Pferde, junge Pferde. Das Gesamtwerk; Lyrik, Prosa, Dokumente, Verlag Walter, 1979 <br /><br />Am 16. März 1921 starb der 1885 geborene Dichter Paul Boldt in Freiburg im Breisgau an einer Embolie nach einer Operation. Er hinterließ nur einen Gedichtband, schon 1918 hatte er aufgehört zu schreiben. Doch durch sein Gedicht „Junge Pferde“ wurde er 1914 in Künstlerkreisen berühmt.<br /></span><br /> </div>Jörg Krügerhttp://www.blogger.com/profile/09225622919254017543noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-2137746242319546071.post-5751930795589286572024-03-13T23:47:00.000-07:002024-03-13T23:48:10.933-07:00Arthur Silbergleit, aus: Die Magd<p> </p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEg9YMoh0setTYzbVgRe_w4fC-HeII0T4-LN8rTR4BBYlzJjppQSyUmDR9Zm5-l1GpDy0THXuS5_k0EWdOW-RuphAqWf_JUehGi9HGGD3Mb553ZSEZkLEhJiUgSFKC52GyWFutM9-A09XBzqAqc5S-uEfoR3CSiwNlVIyaAYnbGN9pVLHPTU1yMBfgGdq_w" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img alt="" data-original-height="885" data-original-width="1280" height="436" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEg9YMoh0setTYzbVgRe_w4fC-HeII0T4-LN8rTR4BBYlzJjppQSyUmDR9Zm5-l1GpDy0THXuS5_k0EWdOW-RuphAqWf_JUehGi9HGGD3Mb553ZSEZkLEhJiUgSFKC52GyWFutM9-A09XBzqAqc5S-uEfoR3CSiwNlVIyaAYnbGN9pVLHPTU1yMBfgGdq_w=w630-h436" width="630" /></a></div><span style="font-family: arial; font-size: medium;"><div><span style="font-family: arial; font-size: medium;"><br /></span></div><br />In paradiesische Gärten blühe, Maria, hinein,<br />Lausch' deinen Liedergefährten, Bronnen im Frühmondenschein,<br />Höre den Nachttau vertropfen, heimlich lobpreisend den Hang, <br />Herz, mit melodischem Klopfen stimm' in den heiligen Gesang! <br /><br />Wenn von dem Efeu der Wände, die um dich Wälder gespannt,<br />Hallt deines Lebens Legende, orgelnd ins Echo gebannt,<br />Schwingt sie die Harfe der Träume reicher im Laubgewölk aus,<br />Rauschen prophetische Bäume sie um dein blauendes Haus. <br /><br />Küßt dich in Zephyrs Gezeiten zärtlich der Zauberer Schlaf,<br />Führt von verwehenden Welten segnend ein Fittich-Seraph<br />Über verdämmernde Hänge dich in der Götter Gemach,<br />Jauchz' seine Schwingengesänge selig im Himmelswind nach. <br /><br />Arthur Silbergleit, aus: Die Magd - Eine Marienlegende, Eigenbrödler – Verlag, Berlin 1919 <br /><br />Arthur Silbergleit, geboren am 26. Mai 1881 in Gleiwitz in Oberschlesien; wurde am 13. März 1943 in das Konzentrationslager Auschwitz deportiert, wo er noch im gleichen Monat starb.<br /><br />"Silbergleit ist ein Dichter, der am Webstuhl der Natur sitzt, in dem Göttliches noch ursprünglich wirkt. Er kommt vom Religiösen her, alles in ihm, an ihm ist stark und tief von Gläubigkeit durchglüht. In seinen Werken verknüpfen sich Stoff und Idee, Welt und Geist, verbinden sich Wissenschaft und Dichtung. Arthur Silbergleit kann selbst in seinen weltlichen Werken nicht verleugnen, daß er ein Sproß seiner Litauischen Ahnen ist, die als Priester in den Zelten Israels heimisch waren."<br /><br />Max Tau (1897 - 1976), deutsch-norwegischer Schriftsteller.<br /><br />"Die Benennung Sänger trifft auf Silbergleit vorzüglich zu, auf die Geschmeidigkeit und Beherrschung des Reims, auf die innere Regentschaft über Klang und Reim, auf die sorgfältige Vokalisierung, auf den bel canto, der jede lyrische Empfindung begleitet."<br /><br />Max Hochdorf (1880 - 1948)<br /></span><br /> Jörg Krügerhttp://www.blogger.com/profile/09225622919254017543noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-2137746242319546071.post-20077627971123267222024-03-11T08:54:00.000-07:002024-03-11T08:54:54.531-07:00Paul Haller: Vorfrühling<p><br /></p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEjbKJvbBBBhuCH0wAmI0UG9jlvZnHaGqmMDdF9UB6gw0idgzjMthHYEPwkkIPl6EXCbjhmrOfEbVXicrM3ccOGNI8iQkwHAwxXQuRt7W9_vcw25en_xdxI13XM3oeoLNnKck-EpI_YAWFw8QMAAOUFFIUvZAmaN8Ek_W2_uq1u6A2ICGrfE7XJnGD9Gm_E" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img alt="" data-original-height="613" data-original-width="456" height="515" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEjbKJvbBBBhuCH0wAmI0UG9jlvZnHaGqmMDdF9UB6gw0idgzjMthHYEPwkkIPl6EXCbjhmrOfEbVXicrM3ccOGNI8iQkwHAwxXQuRt7W9_vcw25en_xdxI13XM3oeoLNnKck-EpI_YAWFw8QMAAOUFFIUvZAmaN8Ek_W2_uq1u6A2ICGrfE7XJnGD9Gm_E=w384-h515" width="384" /></a></div><span style="font-family: arial; font-size: medium;"><div><span style="font-family: arial; font-size: medium;"><br /></span></div><br /><b>Vorfrühling </b><br /><br />Schon harren tausend Knospen<br />Am noch verschloßnen Tor,<br />Dann bricht an allen Enden<br />Das junge Laub hervor. <br /><br />Schon wandelt an den Hängen<br />Ein hoffnungslauer Wind,<br />Wo bald die Anemonen<br />Vom Schlaf erstanden sind.<br /><br />Nun breitet bald die Erde<br />Ihr bräutlich Linnen aus<br />Und wartet froh des Liebsten,<br />Der kommt mit Sturmgebraus<br /><br />Er kommt mit hellem Pfeifen<br />Und singt nicht gern allein.<br />Er springt durch’s offene Fenster<br />Der Braut ins Haus hinein.<br /><br />Schon flüstern durch die Stauden<br />Die Wünsche rings im Land;<br />Am Walde seh ich flattern<br />Der Freiheit Fahnenband. <br /><br />Schon harren tausend Knospen<br />Am noch verschloßnen Tor,<br />Dann bricht an allen Enden<br />Die neue Zeit hervor! <br /><br />Paul Haller, aus: Gedichte; herausgegeben von Dr. Erwin Haller, Verlag von H. R. Sauerländer & Co. Aarau 1922 <br /><br />Paul Haller, geboren am 13. Juli 1882 in Rein bei Brugg (heute zu Rüfenach); gestorben am 10. März 1920 in Zürich, Schweizer Schriftsteller. <br /><br />Literarisch bedeutsam sind Hallers Mundartepos Juramareili und sein Mundart-Drama Marie und Robert. In beiden Werken gelang Haller eine eigenständige schweizerische Adaption des Naturalismus, den er während seines Studiums in Berlin kennengelernt hatte. Im sozialkritischen Versepos Juramareili schilderte er das Schicksal eines Mädchens, dessen Leben durch den väterlichen Alkoholmissbrauch ruiniert wurde. Das im Arbeitermilieu angesiedelte Marie und Robert war das erste ernste Mundartdrama und thematisierte den Konflikt zwischen Liebesleidenschaft und Gewissen. <br /><br />Mit seinen Mundartdichtungen hat er Aargauer Autoren wie Hansjörg Schneider und Hermann Burger beeinflusst. Doch auch seine hochdeutschen Dichtungen gehören zum Eindringlichsten, was die Jahre zwischen 1910 und 1920 in der Schweiz hervorgebracht haben. (Wiki) <br /><br />Das Foto zeigt den Dichter 1910</span>Jörg Krügerhttp://www.blogger.com/profile/09225622919254017543noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-2137746242319546071.post-340133383328863222024-03-02T23:28:00.000-08:002024-03-02T23:28:38.329-08:00Gertrud Kolmar: Die Tänzerin<p> </p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEiY-xiX0ujiZRREDdR3CQPl2g9Ux8PZhTDqV9NlpttMyLtxJsKeFhx4TlbE6074UCxXkfds99MzDp3EcS774K4LzFU_rdNMGEcgASoND-mnEY_6LgmTnl13zzzol_TD3ieo-JWiQkqbh0cD6UE9NejvPNgY5Eb5QMb-y6-N3jGppWqHbpU5sr6zPOr3vl8" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img alt="" data-original-height="480" data-original-width="640" height="330" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEiY-xiX0ujiZRREDdR3CQPl2g9Ux8PZhTDqV9NlpttMyLtxJsKeFhx4TlbE6074UCxXkfds99MzDp3EcS774K4LzFU_rdNMGEcgASoND-mnEY_6LgmTnl13zzzol_TD3ieo-JWiQkqbh0cD6UE9NejvPNgY5Eb5QMb-y6-N3jGppWqHbpU5sr6zPOr3vl8=w440-h330" width="440" /></a></div><span style="font-family: arial; font-size: medium;"><div><span style="font-family: arial; font-size: medium;"><br /></span></div><br /><b>Die Tänzerin </b><br /><br />Ich bin der Ostwind: hört ihr mich mit Wipfeln schlagen<br />Ich bin das Finstre: fühlt ihr mich aus Mooren ziehn ?<br />Ich bin der Himmel: mit dem Großen Wagen.<br />Die Erde: mit Chalcedon und Rubin.<br />Die Schritte, mächtig und gemessen,<br />Ich habe ihrer keinen noch vergessen,<br />Nicht aller Farben: Berggrün und Karmin.<br /><br />Ich ziere meinen Hals so wie ein Schwan.<br /><br />Die Freude spiegelt sich in seinem Biegen<br />Und lächelt in ihr Angesicht,<br />Ihr Schleier sprudelt Quellchen, die sich schmiegen<br />In dieses stillere, das weite Licht,<br />Das ihre Brauen bringen,<br />Des Trauermantels Schwingen,<br />Der über einer Goldbandlilie dicht.<br /><br />Ich werfe mich hinüber wie ein Fisch.<br /><br />Er springt um seinen Tod: so tu' ich Gleiches;<br />In wunden Kiemen Straßenstaub,<br />Schlag' ich mich selbst aufschnellend an die Tür des Reich<br />Das ewig raschelt von verfallen greisem Laub,<br />Drin kleine Mühn mit Qual verflochten<br />Zu häßlich schwelendem Gestirn, zerfransten Dochten,<br />Die krämpfezuckend suchen ihren Raub.<br /><br />Ich trage dies mein Haar zur Erde hin. <br /><br />Ich bin der Baum der demütigen Klage. Weide.<br />Ich bin das Ding, das niedert: Sensenblatt und Krug.<br />Ich bin der Mensch - auch wenn ich meine Seele<br />scheide,<br />Dem Schiff voll weißer Segel mit des Leibes Bug.<br />Sie wartet, die ich ausgewiesen,<br />Auf seinen letzten Augenblick, auf diesen,<br />Und kehrt zurück in einem tiefen Atemzug. <br /><br />Gertrud Kolmar, aus: 49 Gedichte in 4 Räumen, geschrieben um 1933, posthum veröffentlicht <br /><br />Gertrud Kolmar (Pseudonym für Gertrud Käthe Chodziesner, geboren am 10. Dezember 1894 in Berlin. Ab Ende der 1920er-Jahre erschienen einzelne ihrer Gedichte in literarischen Zeitschriften und Anthologien. 1934 wurde ihr zweiter Gedichtband Preußische Wappen im Verlag Die Rabenpresse von Victor Otto Stomps publiziert. Diese Veröffentlichung brachte den Verlag auf eine Liste unerwünschter Verlage des Börsenvereins des deutschen Buchhandels, von dem er dann boykottiert wurde. Kolmar durfte ab 1936 nicht mehr unter ihrem Künstlernamen publizieren, sondern nur noch unter ihrem Familiennamen Chodziesner.<br /><br />Ab Juli 1941 musste Gertrud Kolmar Zwangsarbeit in der Rüstungsindustrie leisten. Ihr Vater wurde im September 1942 in das Ghetto Theresienstadt deportiert und starb dort im Februar 1943. Gertrud Kolmar wurde am 27. Februar 1943 verhaftet und am 2. März 1943 im 32. sogenannten Osttransport des RSHA in das Konzentrationslager Auschwitz deportiert. Von den etwa 1500 Berliner Jüdinnen und Juden, die in diesem Zug am 3. März 1943 in Auschwitz ankamen, wurden nach der Selektion an der 'Alten Rampe' 535 Männer und 145 Frauen als „arbeitsfähige“ Häftlinge registriert und in das Lager eingewiesen. Die übrigen etwa 820 Deportierten dieses Zuges, darunter Gertrud Kolmar, wurden nicht als Häftlinge registriert und vermutlich sofort nach der Ankunft in der Gaskammer ermordet. (Wiki) <br /><br /><br />Das Bild ist ein Ausschnitt aus einem Foto von 1937 <br /></span><br />Jörg Krügerhttp://www.blogger.com/profile/09225622919254017543noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-2137746242319546071.post-58854560557018754672024-02-27T01:16:00.000-08:002024-02-27T01:16:46.363-08:00Iwan Goll: Wald<p> </p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEi2WI-iRN2Jy6g5Uvko-za-pU-EUdYvBaB5nLzXlEkW-xWNm5NPcF70_PbBDR4wZ_XiJcw_JbhlNUa86wIHt_q5Vul2nQgtHtO4wzgkxhdeFHBLqA64ZKrqpx4r71z4TCCBg8bTttsBMeVcUqEO16yBYr9Ez2CjX20GE1Tuwg_DaSW58a_VkDgVLiqfLRo" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img alt="" data-original-height="777" data-original-width="475" height="563" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEi2WI-iRN2Jy6g5Uvko-za-pU-EUdYvBaB5nLzXlEkW-xWNm5NPcF70_PbBDR4wZ_XiJcw_JbhlNUa86wIHt_q5Vul2nQgtHtO4wzgkxhdeFHBLqA64ZKrqpx4r71z4TCCBg8bTttsBMeVcUqEO16yBYr9Ez2CjX20GE1Tuwg_DaSW58a_VkDgVLiqfLRo=w345-h563" width="345" /></a></div><span style="font-family: arial; font-size: medium;"><div><span style="font-family: arial; font-size: medium;"><br /></span></div><br /><b>Wald </b><br /><br /><b>I </b><br /><br />Durch Disteln war der Gang zu dir,<br />Verschlossen du im glühenden Kosmos<br />Wie ein Patriarch inmitten Gottes. <br /><br />Prunkend schienst du staubigem Wanderer,<br />Verklärt und befriedigt,<br />Ein heiliger Knecht der Erde;<br />Und der Fremde fühlte sich fremder noch. <br /><br />Goldene Leuchter troffen vom süßen Abend,<br />Um die Leiter letzten Sonnenstrahls<br />Wirbelten geschäftig die rosa Engel,<br />Und die Nymphen, deine Töchter,<br />Hingen ihre silbernen Leiber um deine Lade. <br /><br /><br /><b>II </b><br /><br />Ein Veilchen fiel<br />Mir plötzlich wie ein blauer Stern zu Füßen:<br />Ich trug es in den goldnen Abend hin. <br /><br />Wir beide mit unsern Augen<br />Leuchteten uns an und loderten gewaltig:<br />Wir beide hätten so gern geschrieen und geküsst: <br /><br />Aber unsre Sprache war so schwach:<br />Und die Liebe so unsagbar traurig!<br />Wir welkten und starben auseinander. <br /><br /><br /><b>III </b><br /><br />In deinen Tiefen aber,<br />Aus feuchten Augen gleichen Geistes dunkelnd,<br />Warst du mir ebenbürtig, Wald! <br /><br />O, dein Geschöpf zu sein,<br />Nichts als ein Ton der Erde,<br />Der Schmetterling ein bunter Tropfen Sonne,<br />Und schlanke Füchse<br />Mit starkem Blut aus nahen Büschen fühlen:<br />Hingabe sein und brüderlicher Friede! <br /><br />In deinen tiefen Tieren warst du mir geheiligt.<br />Und ich ergab mich dir,<br />Ging groß in Trieb und Düften auf. <br /><br />Iwan Goll, aus: Menschheitsdämmerung, Symphonie jüngster Dichtung, Herausgegeben von Kurt Pinthus, Ernst Rowohlt Verlag, Berlin 1920 <br /><br /> Iwan Goll, auch Yvan Goll, geboren am 29. März 1891 in Saint-Dié, Frankreich, gestorben am 27. Februar 1950 in Paris, „hat keine Heimat: durch Schicksal Jude, durch Zufall in Frankreich geboren, durch ein Stempelpapier als Deutscher bezeichnet.<br /><br />„Iwan Goll hat kein Alter: seine Kindheit wurde von entbluteten Greisen aufgesogen. Den Jüngling meuchelte der Kriegsgott. Aber um ein Mensch zu werden, wie vieler Leben bedarf es. Einsam und gut nach der Weise der schweigenden Bäume und des stummen Gesteins: da wäre er dem irdischen am fernsten und der Kunst am nächsten“. (Iwan Goll über sich selbst)<br /><br />„Das Besondere in Leben und Werk dieses Schriftstellers wird in seinen Gedichten, Dramen, Romanen und publizistischen Arbeiten deutlich: aus ihnen spricht die Tragik eines Daseins, das sich nicht erfüllt hat und nicht erfüllen konnte. Zwar gelang es Goll immer wieder, den Anschluss an die bewegenden künstlerischen Strömungen seiner Zeit zu finden, doch wurde er nie zu den ganz „Großen“ gezählt.“<br /><br />aus: Ausgewählte Gedichte, Verlag Philipp Reclam jun. Leipzig, Klappentext, 1982 <br /><br /> Verheiratet war Iwan Goll mit der Dichterin Claire Goll, geboren als Klara Aischmann (1890 - 1977) <br /><br />Das Foto zeigt den Dichter 1932</span>Jörg Krügerhttp://www.blogger.com/profile/09225622919254017543noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-2137746242319546071.post-31353494454736482852024-02-24T22:48:00.000-08:002024-02-24T22:48:08.183-08:00Emil Alphons Rheinhardt, aus: Stunden und Schicksale<p> </p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEgeG66mxhhXkcwQ3Coa5bXE1WhpTY4dJqs220mTiBZ3HvGO5qtxzblh6pZcE_hYNZiIDtCwXkdiVlwUnLdS0gxR0m-3aMU6LVhzaTC1szBsggJdy3lOvO4RHx5nzQR04CO_YfUkHozQ_vAL5o1HjtZYFKBtODrUxHtz6T8AlrDFY3nZ9R2-LWf-cI6Utv4" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img alt="" data-original-height="800" data-original-width="584" height="546" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEgeG66mxhhXkcwQ3Coa5bXE1WhpTY4dJqs220mTiBZ3HvGO5qtxzblh6pZcE_hYNZiIDtCwXkdiVlwUnLdS0gxR0m-3aMU6LVhzaTC1szBsggJdy3lOvO4RHx5nzQR04CO_YfUkHozQ_vAL5o1HjtZYFKBtODrUxHtz6T8AlrDFY3nZ9R2-LWf-cI6Utv4=w398-h546" width="398" /></a></div><span style="font-family: arial; font-size: medium;"><div><span style="font-family: arial; font-size: medium;"><br /></span></div><br /><b>Zum Eingang </b><br /><br />Sei mir freundlich, liebe Zeit!<br />Bleibe bunt, wie du gewesen.<br />Mach mich keines Wehs genesen,<br />Eh du es zum Bild geweiht.<br />Abendgold und seliges Blau<br />Lass mich nicht allein behalten.<br />Sollst ein gutes Wort gestalten<br />Einer lieben süßen Frau.<br />Was da ringt und was da zwingt,<br />Schauer und beglücktes Lachen -<br />Alles sollst du bleibend machen,<br />Bis mein Blut es trunken singt.<br />Der Minuten Angesicht,<br />Die verzerrten und verklärten,<br />Die verstoßenen und begehrten,<br />Mache dauernd im Gedicht.<br />Schreibe alles auf in mir.<br />Lass mich Grund sein deiner Flüsse.<br />Wolken, Klänge, Düfte, Küsse<br />Im Gebild´ bewahr´ ich dir. <br /><br /><b><br />Frühlingsmittag im Park </b><br /><br />. . . Und die Menschen gehen wie im Kreise,<br />So, als endete dies Gehen nie.<br />Sind nur Landschaft noch; die liebe, leise<br />Sonne bringt ein Bleibendes in sie.<br />Nie mehr schweigt die Amselmelodie.<br />Alles ist für immer schon gegeben.<br />Herzen, die sich jetzt zur Sonne heben,<br />Wachsen ganz und sinken nie.<br />Goldlack und Levkojen um die Teiche,<br />Wo das ewig junge Wasser grünt,<br />Grüßen lächelnd aus dem Liebesreiche<br />Mit Erinnerungen, lang gesühnt.<br />Alles Kommende ist längst vergangen.<br />Still geht das Gewesene im Blut.<br />Ewiger Frühlinge lichte Zweige langen<br />In die Himmel - und der Weltraum ruht. <br /><br /><br /><b>Endlich langt die dunkle Erde. . . </b><br /><br />Endlich langt die dunkle Erde,<br />Schwarze Wipfel, schwarze Gipfel,<br />Eine stille Traumgebärde<br />In das milde tiefe Blau.<br />Schläfernd spricht der Bach am Hange.<br />Windhauch seufzend ist erwacht.<br />Liebe Schönheit, noch wie lange?<br />Aber eh ich ganz erbange,<br />Segnet goldnes Licht die Nacht. <br /><br /><br /><b>Wanderlied </b><br /><br />Mir liegt ein Schatten im Mute,<br />Indes mein Fuß schon weiterzieht.<br />Und doch hab´ ich im Blute<br />Ein kleines, leises Wanderlied.<br />O Frauen ihr, o Wege,<br />O Stimme, die so lang schon rief!<br />Du Stimme, die doch träge<br />So manchen Wandertag verschlief!<br />Von allen Straßen greifen<br />Die Fernen in die Seele mir.<br />O Wald, o Wolkenstreifen!<br />In meinem Herzen reifen<br />Die weiten Straßen für und für. <br /><br />Aus: Emil Alphons Rheinhardt: Stunden und Schicksale, Hugo Heller Leipzig und Wien 1913<br /><br />Emil Alphons Rheinhardt, geboren 4. April 1889 in Wien, gestorben 25. Februar 1945 im KZ Dachau an Fleckfieber, war Lyriker des Wiener Expressionismus, Lektor und Schriftsteller. <br /><br /> Das Foto zeigt den Dichter um 1930</span><div><span style="font-family: arial; font-size: medium;"><br /></span></div><div><span style="font-family: arial; font-size: medium;"><a href="https://ia801607.us.archive.org/33/items/3562112/3562112.pdf">pdf Stunden und Schicksale, Internet Archive</a><br /></span><br /></div>Jörg Krügerhttp://www.blogger.com/profile/09225622919254017543noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-2137746242319546071.post-3511776930882582182024-02-18T01:56:00.000-08:002024-02-18T01:56:32.618-08:00Joseph Kitir: Verkaufte Ideale<p> </p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEihDyWf5ej2jz0iThvpZZb6X4FtOm_1RfpPGeNtSxjGZovorNk2ZM1dK2Knc-xIbAAwPJCW2qApcXM0IRtFzuglQcudnTPYh8ZSEKZt6EK1L2ag3wMz2us6p-VPZhu2iNn2R4nNvXbE-S9rd_LtxWHMQWdDy9poY480QM1uF-xvcSJ1EkfxW1m8Myx5Ak8" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img alt="" data-original-height="2184" data-original-width="1446" height="577" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEihDyWf5ej2jz0iThvpZZb6X4FtOm_1RfpPGeNtSxjGZovorNk2ZM1dK2Knc-xIbAAwPJCW2qApcXM0IRtFzuglQcudnTPYh8ZSEKZt6EK1L2ag3wMz2us6p-VPZhu2iNn2R4nNvXbE-S9rd_LtxWHMQWdDy9poY480QM1uF-xvcSJ1EkfxW1m8Myx5Ak8=w382-h577" width="382" /></a></div><span style="font-family: arial; font-size: medium;"><div><span style="font-family: arial; font-size: medium;"><br /></span></div><b><br />Verkaufte Ideale </b><br /><br />Die einzige Lust in jenem armen Weibe,<br />Die Blumen ihres Gärtleins anzusehn;<br />Da kommt die Bürgersfrau – zum Zeitvertreibe<br />Bleibt an der Gartenwand sie sinnend stehn.<br /><br />"Was sollst du nutzlos diese Blumen hüten?<br />Gib mir die Blumen, kauf dafür dir Brot!" –<br />Wie schwer es ihr auch wird, sie gibt die Blüten<br />Der Frau dahin, denn bitter drängt die Not.<br /><br />Und ich gedachte manch verlornen Strebens –<br />Wie mancher gab schon mit enttäuschtem Sinn<br />Die Ideale für die Not des Lebens,<br />Das höchste Gut für niedrigsten Gewinn. <br /><br />Joseph Kitir, Lyriker und Schriftsteller, Pseudonym Edwin Flug, geboren am 11. 2. 1867 in Aspang (Niederösterreich), gestorben am 23. 7. 1923 in Wien. Er war einige Zeit als Journalist in München tätig und lebte ab 1889 als freier Schriftsteller. <br /><br />Das Bild ist von Odilon Redon (1840 - 1916)</span>Jörg Krügerhttp://www.blogger.com/profile/09225622919254017543noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-2137746242319546071.post-56731531605130440842024-02-17T00:06:00.000-08:002024-02-17T16:20:09.359-08:00Christian Friedrich Wagner: Kannst du wissen? / Hedwig Lachmann: Christian Wagner<p> </p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEgD4qriiylMRPuhsfwEF2ZgYvIbhPqYwgz5b2sSfsQPTU4Z7jSxwuvND3R4YbHMkj5H7N0pJFhNlv-ruEJ_bsWKJ988tUEQ1jzPMgnCJQYIgva3akxxZfqbLxoBQ9zjwEb_poGZQCsTIaDt2jzRqUDRF3Eb4Ko-Xa62NcI3aWHz63IYhUXlHEjOqWqLSPc" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img alt="" data-original-height="946" data-original-width="697" height="473" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEgD4qriiylMRPuhsfwEF2ZgYvIbhPqYwgz5b2sSfsQPTU4Z7jSxwuvND3R4YbHMkj5H7N0pJFhNlv-ruEJ_bsWKJ988tUEQ1jzPMgnCJQYIgva3akxxZfqbLxoBQ9zjwEb_poGZQCsTIaDt2jzRqUDRF3Eb4Ko-Xa62NcI3aWHz63IYhUXlHEjOqWqLSPc=w349-h473" width="349" /></a></div><br /><p></p><span style="font-family: arial; font-size: medium;"><br />Zum Andenken an den Dichter und Kleinbauern Christian Friedrich Wagner, geboren am 5. August 1835 in Warmbronn; gestorben am 15. Februar 1918 ebenda<br /><br /><b>Kannst du wissen?</b><br /><br />Kannst du wissen, ob von deinem Hauche<br />Nicht Atome sind am Rosenstrauche?<br />Ob die Wonnen, die dahingezogen,<br />Nicht als Röslein wieder angeflogen?<br />Ob dein einstig Kindesatemholen<br />Dich nicht grüßt im Duft der Nachtviolen? <br /><br />„... er fühlte die tiefe Zusammengehörigkeit zwischen Tier, Mensch und Pflanze, Stein und Stern. Und er liebte das alles. ... Er war dogmenlos fromm. ... Er war allerdings ein Landmann; er hat die Natur gekannt, aber das Hälmchen war ihm kein Anlaß, 'Duliöh!' zu schreien oder ein knallig angestrichenes Gemüt leuchten zu lassen. Er war ein in sich gekehrter Künstler und wohl wert, daß wir ihn alle läsen und verehrten.“ (1919)<br /><br />Kurt Tucholsky <br /><br />Seine Stellung zur Kriegslyrik war eindeutig, wie aus einem Brief an Hermann Hesse hervorgeht: Nachdem er schon mehrfach „um Kriegslieder angegangen worden“ sei, schreibt er weiter: „das Heldentum des Nitroglyzerins erkennen wir [Dichter] nicht an!“ Als der befreundete Dichter und Kriegsdienstverweigerer Gusto Gräser aus Deutschland ausgewiesen werden sollte, setzte er sich für ihn ein. Der spätere Dadaist Johannes Baader besuchte ihn 1916 in Warmbronn und hielt daraufhin begeisterte Vorträge über Wagner.<br /><br />Er leidet sehr unter dem fortgesetzten Kämpfen und Töten und wünscht sich, Eremit zu werden. „Ich beklage, dass es in Deutschland keine Wälder mehr gibt, wie im Mittelalter, zur Zeit der Eremiten, in die hinein ich mich verkriechen könnte, um dort nur noch mit frommen Tieren zu leben.“<br /><br />„Lieber ein barmherziger Heide als ein unbarmherziger Christ“ <br /><br /><br /><b>Christian Wagner </b><br /><br />(Zum 75. Geburtstag des Dichters) <br /><br />Die Erde gab ihm ihre reinen Früchte<br />Aus freier Hand. Auf offner Flur<br />Gedieh er wetterhart und bot die Stirne<br />Den Stürmen und dem Frieden der Natur. <br /><br />Bei Pflug und Sense blichen seine Haare,<br />Und unter ein bescheidnes Hüttendach<br />Trat er am Abend,<br />Wo er das Brot auf blankem Tische brach. <br /><br />Wie ein Eremit im Walde, seine Krumen<br />Mit Tieren teilend, die ihn stets umgeben,<br />Und mit Verstorbenen im Bunde,<br />Verkündet er das seelenhafte Weben,<br />Das lichtvoll, über einem dunklen Grunde,<br />Verkettet Menschenlose, Tiere, Blumen. <br /><br />Hedwig Lachmann, geboren am 29. August 1865 in Stolp, Pommern; gestorben 21. Februar 1918 in Krumbach), Dichterin und Übersetzerin von unter anderem Edgar Allan Poe und Oscar Wilde. Ihrem zukünftigen Ehemann, dem Anarchisten Gustav Landauer begegnete Lachmann zum ersten Mal 1899 bei einer Lesung im Haus von Richard Dehmel. Richard Dehmels Kriegsbegeisterung beim Ausbruch des Ersten Weltkriegs im August 1914 führte jedoch dazu, dass Lachmann ihm die Freundschaft aufkündigte.<br /><br />Im März 1903 ließ sich Gustav Landauer von seiner ersten Ehefrau scheiden, um Hedwig Lachmann im Mai 1903 zu heiraten. Am 21. Februar des Jahres 1918 starb Hedwig Lachmann an einer Lungenentzündung. <br /><br />Die Illustration Christian Wagner nach einer Zeichnung von H. Schroedter ist aus der Zeitschrift Die Gartenlaube von 1895 <br /></span><br />Jörg Krügerhttp://www.blogger.com/profile/09225622919254017543noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-2137746242319546071.post-25144816381180400322024-02-12T07:54:00.000-08:002024-02-12T07:54:47.852-08:00Elisabeth Fuhrmann-Paulsen: Vermächtnis<p> </p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEja0w5BAqlvejCokmO5vNBFPRXnBnlmBZp594ecphNqqDBx4-XKTfq3H3_6pE8HGJHvWxLfC4rmQ8ii2LNwmRm0ak-AT3-M0pDmBOiD1a4BkwmaaHJ4tSbA7T4Znlm06KUbqxZDLXR3lonztIXikvj3mfdiq1GWTqS_hN0G6IDO9EL40u0ocm3WHO4Kc9g" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img alt="" data-original-height="352" data-original-width="463" height="405" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEja0w5BAqlvejCokmO5vNBFPRXnBnlmBZp594ecphNqqDBx4-XKTfq3H3_6pE8HGJHvWxLfC4rmQ8ii2LNwmRm0ak-AT3-M0pDmBOiD1a4BkwmaaHJ4tSbA7T4Znlm06KUbqxZDLXR3lonztIXikvj3mfdiq1GWTqS_hN0G6IDO9EL40u0ocm3WHO4Kc9g=w534-h405" width="534" /></a></div><span style="font-family: arial; font-size: medium;"><div><span style="font-family: arial; font-size: medium;"><br /></span></div><br /><b>Vermächtnis </b><br /><br />Ich will Bäume pflanzen,<br />die sich breiten, die sich weit verzweigen,<br />dass auf ihren Ästen Vögel rasten.<br />Fäller sollen meine frohen Wälder meiden; <br /><br />Und ich will auch freie Bäume pflanzen,<br />die allein stehn, sonnelichtumwoben.<br />Unter ihnen soll die Jugend tanzen,<br />Angesicht zu Angesicht gehoben. <br /><br />Und ein Jüngling soll der Fiedler sein,<br />mit vor Sehnsucht blauen Augen,<br />und so edel sollen seine Hände sein,<br />dass sie nur zum Geigespielen taugen. <br /><br />Schlank und fein und wenigen verwandt,<br />wenig blassen Musikantenhänden,<br />die mit jedem Bogenzug der Hand<br />ihre Meisterschaft vollenden. <br /><br />Und es soll der liebste Geiger mein<br />in den Gärten vor dem Tore wohnen,<br />mitten unter breiten Lindenkronen,<br />bei der Blätter Melodein. <br /><br />Wo von Früchten schwer sich<br />Zweige tief wie Trauereschen neigen,<br />und er soll an jedem Abend<br />aus dem offnen Fenster geigen. <br /><br /> Elisabeth Fuhrmann-Paulsen (1879 - 1951) <br /><br />Das Bild „Mondscheingeiger“ ist von Hans Thoma (1839 - 1924) <br /></span><br /> Jörg Krügerhttp://www.blogger.com/profile/09225622919254017543noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-2137746242319546071.post-65784061967668638202024-02-04T05:22:00.000-08:002024-02-04T05:22:40.979-08:00Aus dem Antiquariat: Akzente 5. Jahrgang 1958 bis 1961 - Lothar Klünner, Pro Domo<p> </p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEjdZ-NFvRtfV8eHhF45yosNddgKPSPC2FQ3gQCZQGGAzlBtfa5pr6PNL3xBuWfwgiS7t6G8xkygLMimmu4tyOlX6W0TyPkm4J3zx_Itr2AQFkHQX6lpk7kJXqi9tSrVhO87po4CcMn9TRUbaY2d1T3uVHmEhVu3h63oh7rk6NJcktFj8oaNh-8M65b3mZc" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img alt="" data-original-height="362" data-original-width="215" height="512" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEjdZ-NFvRtfV8eHhF45yosNddgKPSPC2FQ3gQCZQGGAzlBtfa5pr6PNL3xBuWfwgiS7t6G8xkygLMimmu4tyOlX6W0TyPkm4J3zx_Itr2AQFkHQX6lpk7kJXqi9tSrVhO87po4CcMn9TRUbaY2d1T3uVHmEhVu3h63oh7rk6NJcktFj8oaNh-8M65b3mZc=w305-h512" width="305" /></a></div><span style="font-family: arial; font-size: medium;"><div><span style="font-family: arial; font-size: medium;"><br /></span></div><br /><b>Aus dem Antiquariat - Akzente 5. Jahrgang 1958 bis 1961</b><br /><br />Akzente ist eine Literaturzeitschrift, die 1953 von Walter Höllerer und Hans Bender gegründet wurde. Sie erscheint seit dem Februar 1954 im Carl Hanser Verlag, München, bis 2014 alle zwei Monate, seither vierteljährlich, mit dem Untertitel Zeitschrift für Dichtung, später Zeitschrift für Literatur. Schwerpunkte sind Lyrik und kurze Prosa. <br /><br />1974 wurde Akzente 1. Jahrgang 1954 bis 20. Jahrgang 1973 in einer siebenbändigen Dünndruckausgabe (mit einem Gesamtinhaltsverzeichnis von Karl Rudolf Pigge) bei Zweitausendeins neu aufgelegt. Ich erinnere mich daran, dass diese Ausgabe in aller Vollständigkeit im Bücherregal einer Wohngemeinschaft, in der ich lebte, zu finden war. Ich blätterte gerne darin, besonders in den frühen Jahrgängen, und ich weiß noch, dass ich in einem diese etwas unhandlichen und durch den kleinen Druck schwer leslichen Bände, nur als ein Beispiel, das erste Mal auf Übersetzungen von japanischen Haiku gestoßen bin. <br /><br />Doch auch sonst luden diese Bände zum Querlesen ein, und es war immer wieder etwas zu finden für mich dabei. Wie auch jetzt wieder, wo ich den fünften Jahrgang in den Händen halte. Ich blättere darin und werde immer wieder fündig, mir begegnen Namen von Schriftstellerinnen und Schriftstellern, die mir ohne dieses Kompendium ziemlich sicher kaum begegnet wären. Als ein Beispiel blieb ich bei diesem Werk hängen: <br /><br /><b>Pro Domo </b><br /><br />Beuge dich, setz auf die Hand<br />locker den Regen des Herzens.<br />Tanze, ein Spektrum von Sonne und Laub<br />kühlt dir die trunkene Stirn. <br /><br />Löse die Wünsche von Fron,<br />verpflichte die Kargheit des Leinens,<br />einzuhüllen den Zorn,<br />einzubehalten den Hauch. <br /><br />Es fängt sich der Stern in den Knoten<br />eines einzigen farblosen Haars<br />jenseits von Goldgrund und Schlamm,<br />den Trutzgebärden des Blutes. <br /><br />Folge nur diesem Duft.<br />Singbar wölbt sich dein Schritt<br />über den Herd in das Dunkel<br />einer geweissagten Brunst. <br /><br />Dort ist die Mitte des Haders,<br />die Feier, die wahllos versehrt,<br />wie deine Hände entbanden<br />ein locker regnendes Herz. <br /><br />Lothar Klünner <br /><br />Geboren 1922 in Berlin, lebt dort als Schriftsteller, lautet die knappe Angabe zu diesem Autor. Wiki weiß wieder einmal mehr: <br /><br /><i>Lothar Klünner (* 3. April 1922 in Berlin; † 19. Oktober 2012 ebenda, alias Leo Kettler, Schriftsteller und Übersetzer literarischer Texte aus dem Französischen. <br /><br />Lothar Klünner studierte Theologie, später Kunstgeschichte in Tübingen und Berlin. Schon in frühster Jugend schrieb er Gedichte. Seit 1946 übersetzte er v. a. René Char, Paul Éluard, Guillaume Apollinaire, Iwan Goll. Viele Übersetzungen entstehen in Zusammenarbeit mit dem Dichter Johannes Hübner. <br /><br />Von 1948 bis 1949 war er Mitarbeiter an der Kulturzeitschrift Athena. Seine ersten Gedichten und Prosastücke wurden in der von K.O. Goetz herausgegebenen Kunst- und Literaturzeitschrift Meta veröffentlicht. Seit 1949 war er als freier Schriftsteller und Übersetzer in Berlin tätig. Lothar Klünner arbeitete 1949 bis 1950 an den ersten Berliner Nachkriegskabaretts der Badewanne in der Femina Bar mit (Badewanne, Rationsstrich und Quallenpeitsche). Bei einem Aufenthalt in Frankreich begegnete er 1951 René Char, mit dem er über Jahrzehnte freundschaftlich verbunden blieb. Seit 1955 verdiente er seinen Lebensunterhalt vor allem als Autor für den Rundfunk, vor allem für RIAS Berlin und SFB, für die er etwa 1000 kleine und große Rundfunksendungen produzierte. Nach einem ersten eigenen Gedichtband (Gläserne Ufer, 1957) folgte die Mitherausgeberschaft des Jahrbuchs Speichen (1968–1971), das in der Öffentlichkeit allerdings kaum wahrgenommen wurde. Nach dem Tod seines Freundes Johannes Hübner gab Klünner den Johannes Hübner-Gedenkband Im Spiegel und mehrere postume Ausgaben der Gedichte Hübners heraus. Die von Johannes Hübner begründete Jeanne-Mammen-Gesellschaft verdankt ihren Erfolg auch der Mitarbeit von Lothar Klünner. <br /><br />Spätere Gedichtveröffentlichungen: Wagnis und Passion, Pfullingen: 1960; Windbrüche, Berlin: 1976; Gegenspur, Berlin: 1977; Befragte Lichtungen, Waldbrunn: 1985; Die Rattenleier. Schüttelreime, Berlin, Aphaia: 1989. <br /><br />Lothar Klünner gehörte zu den wenigen deutschsprachigen Autoren, die sich bereits kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs an der Literatur der internationalen Moderne, insbesondere der französischsprachigen Literatur orientierten und die Erfahrungen des Surrealismus verarbeitet haben. Als Nachdichter und Übersetzer hatte er großen Anteil an der Verbreitung der Texte des Surrealismus im deutschsprachigen Raum. Zum "literarischen Establishment" bewahrte Klünner Distanz. <br /><br />Nach der Publikation der Sammlung Stumme Muse submarin (1997), die eine Auswahl von Liebesgedichten aus fünf Jahrzehnten Dichtung enthält, veröffentlichte er weitere Lyrikbände, so den Band Geerdet mit Gedichten aus den Jahren 2000 bis 2005. <br /></i><br />Das alles klingt für mich interessant genug, um mich näher mit diesem Autor zu beschäftigen. So hat sich schon jetzt das Stöbern gelohnt, und dabei habe ich doch gerade erst damit begonnen, in diesem Band zu lesen. . . <br /><br /></span><br /> Jörg Krügerhttp://www.blogger.com/profile/09225622919254017543noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-2137746242319546071.post-78869425519497014832024-01-31T11:26:00.000-08:002024-01-31T11:26:59.383-08:00René Schickele: Ich wandere. . . <p> </p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEiG0w8prC0ZVLAQg0cHgSoSFu0O0qk25dSBI0k_I2IedBZUHkZ2m_H3VoG76K3mneH32mKEoCLMZEwauglTtez7BaE64aij9frvksRiFZZFyQiHGsRlcCKO01PVrYgDHrCBG225ZeATGI2QPElrEOkIoq_xhhCzUWNauKB3NsvGK9kGRwPhLb-oisf29OM" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img alt="" data-original-height="900" data-original-width="724" height="482" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEiG0w8prC0ZVLAQg0cHgSoSFu0O0qk25dSBI0k_I2IedBZUHkZ2m_H3VoG76K3mneH32mKEoCLMZEwauglTtez7BaE64aij9frvksRiFZZFyQiHGsRlcCKO01PVrYgDHrCBG225ZeATGI2QPElrEOkIoq_xhhCzUWNauKB3NsvGK9kGRwPhLb-oisf29OM=w388-h482" width="388" /></a></div><p></p><span style="font-family: arial; font-size: medium;"><br /> Ich wandere<br />Am schwarzen Wald entlang<br />Nach Haus.<br />Aus einem einzigen Stern am Himmel<br />Bläst der Wind<br />Immer den gleichen Funken,<br />Als fürchte er die Nacht im Wald<br />Und hüte für das Tal, das sie bedroht,<br />Dies Lichtlein in der Not. <br /><br /> Plötzlich gießt der Mond<br />Sein Füllhorn aus!<br />Der Hügel blüht als Weißdornhecke<br />An einem See,<br />Darinnen Dorf und Tal versunken.<br />Mein weißes Haus, die Arche,<br />Schwimmt darauf<br />In atemvoller Stille.<br />Nicht einmal die Hunde rühren sich,<br />Da ich den Hof betrete,<br />Im Traum nur hören sie mich kommen.<br />Süß beklommen,<br />Öffne ich die Tür und trete<br />In ein Geheimnis ein. <br /><br /> Im dunkeln Zimmer,<br />Im dunkeln Bett,<br />Die Augen geschlossen,<br />Im dreifachen Sarg,<br />Sehe ich den Weißdornhügel,<br />Von seinem Licht umflossen,<br />Und, wie es sich von ihm löst,<br />Mein Haus, die Arche,<br />Auf dem breiten Tale schwimmend,<br />Das wiederum ein See ist<br />Wie vor Tausenden von Jahren. <br /><br /> René Schickele, aus: Himmlische Landschaft, Fischer Berlin, 1933 <br /><br /> René Schickele, geboren am 4. August 1883 in Oberehnheim im Elsass; gestorben am 31. Januar 1940 in Vence, Alpes-Maritimes, deutsch-französischer Schriftsteller, Essayist, Übersetzer und Pazifist. Gegen den preußisch-deutschen Militarismus warb Schickele für Völkerverständigung und Sozialismus als Herausgeber der Weißen Blätter. Das nötigte ihn 1915 zur Flucht ins Schweizer Exil. <br /></span><br />Jörg Krügerhttp://www.blogger.com/profile/09225622919254017543noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-2137746242319546071.post-58594387626783517112024-01-30T10:13:00.000-08:002024-01-30T10:13:24.000-08:00Ernst Goll: Abendfriede<p> </p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEgH1BdgWZnvPBRPj798ho4wqTSWJPDp2Jhoar96K1kin5GFwoR8rpSoY2xfy-UHIDp4ApxlzmWDqgxIG3GK1XLBATayIg1FvWvJxg9t2IkXwJBpqO_O0KZ_4Hq5gOcszg3XJ-xuSeUdMXiKtZiCsdn0WgcVF7zZKJa_6iVDt97HrbCiBkBhNM3nY4HWJhM" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img alt="" data-original-height="600" data-original-width="467" height="547" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEgH1BdgWZnvPBRPj798ho4wqTSWJPDp2Jhoar96K1kin5GFwoR8rpSoY2xfy-UHIDp4ApxlzmWDqgxIG3GK1XLBATayIg1FvWvJxg9t2IkXwJBpqO_O0KZ_4Hq5gOcszg3XJ-xuSeUdMXiKtZiCsdn0WgcVF7zZKJa_6iVDt97HrbCiBkBhNM3nY4HWJhM=w426-h547" width="426" /></a></div><span style="font-family: arial; font-size: medium;"><div><span style="font-family: arial; font-size: medium;"><br /></span></div><b><br />Abendfriede </b><br /><br />Und eine große Weihe ist in mir,<br />Der Abend kam auf mondverklärten Wegen,<br />So reich gesegnet gehe ich von dir,<br />Wie ein Versöhnter kehrt vom Abendsegen.<br /><br />Wie ruhn sie tief im dämmerstillen Hafen,<br />Die bunten Wünsche, die der Tag erfand,<br />Ich bin so still. Nun werd ich selig schlafen,<br />Und meine Träume gehn ins Sehnsuchtsland. <br /><br />Ernst Goll, geboren am 14. März 1887 in Windischgraz; gestorben am 13. Juli 1912 in Graz, aus: Im bitteren Menschenland, nachgelassene Gedichte, Herausgeber Franz Schütz, Egon Fleischl & Co, Berlin 1912 <br /><br />Nach seiner achtjährigen Gymnasialzeit in Marburg an der Drau (heute Maribor) kam er im Herbst 1905 nach Graz. An der Universität Graz studierte er zunächst drei Semester Jura, wechselte danach zu Germanistik und Romanistik über, schloss das Studium aber nicht ab. Nach privaten Konflikten stürzte er sich im Sommer 1912 aus dem zweiten Stock der Grazer Universität in den Tod. <br /><br />Das Bild „moonlight and light“ (1909) ist von Léon Spillaert (1881 - 1946)</span>Jörg Krügerhttp://www.blogger.com/profile/09225622919254017543noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-2137746242319546071.post-60095818192993193472024-01-11T00:46:00.000-08:002024-01-11T00:46:54.869-08:00Ernst Weiß: Gesang des Friedens<p> </p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEhfQl79N2GDYF7--LgyaDaao7jBkyZd_BLhKdpCevjsdjcyGrtrQe6rvc10HttM1IiPr2Nt-VaPdUYidsyplP3jAy1P07USA_I-rJJZ7104pHYmzJBUNoWHj5JcFlXenAUzqjzv-JjImS5ztOzcOHA0eGuVqxo0h1fQkRAgc-MOjZDgw4ldEsS9YkBB_jc" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img alt="" data-original-height="1536" data-original-width="1847" height="466" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEhfQl79N2GDYF7--LgyaDaao7jBkyZd_BLhKdpCevjsdjcyGrtrQe6rvc10HttM1IiPr2Nt-VaPdUYidsyplP3jAy1P07USA_I-rJJZ7104pHYmzJBUNoWHj5JcFlXenAUzqjzv-JjImS5ztOzcOHA0eGuVqxo0h1fQkRAgc-MOjZDgw4ldEsS9YkBB_jc=w561-h466" width="561" /></a></div><span style="font-family: arial; font-size: medium;"><div><span style="font-family: arial; font-size: medium;"><br /></span></div><br /><b>Gesang des Friedens </b><br /><br />Dass wir einziehen in das Du der rauschenden Bäume,<br />Dahingehen in der Allee der wartenden Pflanzen. <br /><br />Hoffnung, dass der Böse sich mit Schlaf wäscht über Nacht,<br />Dass der Kranke sich bis zur Seele kleidet in ein Hemd von Schlaf über Nacht. <br /><br />Hoffnung, dass der Wucherer verzichtet auf Gewinn und in Reinheit ruht,<br />Und dass zu einer Stunde Gott nach seinem Gefallen zwischen uns lebt, <br /><br />Gott lebt nach seinem Gefallen zwischen uns, die Erde trägt und wie Steine<br />Die Luft über uns spielt auf unserem Frieden wie der Schatten der Platane auf dem gefallenem Laub. <br /><br />Ernst Weiß, aus: Die Botschaft, Neue Gedichte aus Österreich, gesammelt und eingeleitet von E. A. Reinhardt, Verlag Ed. Strache, Wien, Prag, Leipzig, 1920 <br /><br />Ernst Weiß, geboren am 28. August 1882 in Brünn, Österreich-Ungarn; gestorben am 15. Juni 1940 in Paris, Arzt, Schriftstelle und literarischer Übersetzer. Aus einer jüdischen Familie stammend, war der Sohn des Tuchhändlers Gustav Weiß und dessen Ehefrau Berta Weinberg. Am 24. November 1886 starb der Vater. Trotz finanzieller Probleme und mehrfacher Schulwechsel (unter anderem besuchte er Gymnasien in Leitmeritz und Arnau) bestand Weiß 1902 erfolgreich die Matura (Abitur). Anschließend begann er an den Universitäten Prag und Wien Medizin zu studieren. Dieses Studium beendete er 1908 mit der Promotion in Brünn und arbeitete danach als Chirurg in Bern bei Emil Theodor Kocher und in Berlin bei August Bier. <br /><br />1911 kehrte Weiß nach Wien zurück und fand eine Anstellung im Wiedner Spital. Aus dieser Zeit stammt auch sein Briefwechsel mit Martin Buber. Nach einer Erkrankung an Lungentuberkulose hatte er in den Jahren 1912 und 1913 eine Anstellung als Schiffsarzt beim österreichischen Lloyd und kam mit dem Dampfer Austria nach Indien, Japan und in die Karibik. <br /><br />Im Juni 1913 machte Weiß die Bekanntschaft von Franz Kafka. Dieser bestätigte ihn in seiner schriftstellerischen Tätigkeit, und Weiß debütierte noch im selben Jahr mit seinem Roman Die Galeere. <br /><br />Kurz nach dem Reichstagsbrand am 27. Februar 1933 verließ er Berlin für immer und kehrte nach Prag zurück. Dort pflegte er seine Mutter bis zu deren Tod im Januar 1934. Vier Wochen später emigrierte Weiß nach Paris. Da er dort als Arzt keine Arbeitserlaubnis bekam, begann er für verschiedene Emigrantenzeitschriften zu schreiben, u. a. Für Die Sammlung, Das Neue Tage-Buch und Maß und Wert. Da er mit diesen Arbeiten seinen Lebensunterhalt nicht bestreiten konnte, unterstützten ihn die Schriftsteller Thomas Mann und Stefan Zweig. <br /><br />Ernst Weiß letzter Roman Der Augenzeuge wurde 1939 geschrieben. In Form einer fiktiven ärztlichen Autobiographie wird von der „Heilung“ des hysterischen Kriegsblinden A. H. nach der militärischen Niederlage in einem Lazarett des deutschen Heeres Ende 1918 berichtet. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 wird der Arzt, weil Augenzeuge, in ein KZ verbracht: Sein Wissen um die Krankheit des A. H. könnte den Nazis gefährlich werden. Um den Preis der Dokumentenübergabe wird „der Augenzeuge“ freigelassen und aus Deutschland ausgewiesen. Nun will er nicht mehr nur Augenzeuge sein, sondern praktisch-organisiert kämpfen und entschließt sich, im spanischen Bürgerkrieg auf der Seite der Republikaner gegen den mit Nazideutschland politisch verbündeten Franquismus zu kämpfen. <br /><br />Als Weiß am 14. Juni 1940 den Einmarsch der deutschen Truppen in Paris von seinem Hotel aus miterleben musste, schnitt er sich in der Badewanne seines Hotelzimmers die Pulsadern auf, nachdem er Gift genommen hatte. Im Alter von 57 Jahren starb Ernst Weiß am 15. Juni 1940 im nahegelegenen Krankenhaus. (Wiki) <br /><br />Das Foto zeigt ein Fensterbild in der Alten Schule Fredelsloh</span>Jörg Krügerhttp://www.blogger.com/profile/09225622919254017543noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-2137746242319546071.post-3295613870626245252024-01-06T13:17:00.000-08:002024-01-06T13:17:09.314-08:00Max Pulver: Douarnenez<p> </p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEi0UMoDgL9Gf_dwhiE2ZttTe009ZyWQc1QR-mAV4mTqvdzYOijHFvmuoK-h80UACG3Jd59DjUp34UoUWdcH_VtmZNBX30ljg7yYsRqHV3ElgQq0lWHujn5eBTKaP6-tSVwSrQvptVygJxD4ZRE4UyXVPsjJjbbKqKmJDUTZZs_x00qVlR2M-clq8IXZXEk" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img alt="" data-original-height="1023" data-original-width="1645" height="335" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEi0UMoDgL9Gf_dwhiE2ZttTe009ZyWQc1QR-mAV4mTqvdzYOijHFvmuoK-h80UACG3Jd59DjUp34UoUWdcH_VtmZNBX30ljg7yYsRqHV3ElgQq0lWHujn5eBTKaP6-tSVwSrQvptVygJxD4ZRE4UyXVPsjJjbbKqKmJDUTZZs_x00qVlR2M-clq8IXZXEk=w539-h335" width="539" /></a></div><span style="font-family: arial; font-size: medium;"><div><span style="font-family: arial; font-size: medium;"><br /></span></div><br /><b>Douarnenez </b><br /><br />Hier lockt das Meer mit silberblauer Seide;<br />Im roten Stein verlieren sich die Buchten:<br />Goldgelbe Locke - reifendes Getreide<br />Und Schwaden schwanken Grases füllt die Schluchten.<br />Die Ulmen stehn mit sanftumrissnen Rändern<br />Am Klippenhange zwischen leichten Dächern,<br />Die gelle Straße knüpft in ihren Bändern<br />Ans Tal den Berg mit seinen Kieferfächern.<br />Auf breitem Sande läuft verlorne Brandung<br />In Wellen aus, die sich zu Schaum zerhasten:<br />Weit draußen sucht ein braunes Boot die Landung<br />Und schüttelt sich abgerefften Masten.<br />Ein zornig Scheltwort schaffender Matrosen<br />Fliegt bis zu uns durch stetes Windestosen. <br /><br />Max Pulver, aus: Vom jüngsten Tag, Ein Almanach neuer Dichtung, Kurt Wolff Verlag, Leipzig 1916 <br /><br />Max Pulver, geboren am 6. Dezember 1889 in Bern; gestorben am 13. Juni 1952 in Zürich war ein Schweizer Psychologe, Graphologe, Lyriker, Dramatiker und Erzähler. <br /><br />Das Foto (Postkarte) zeigt Douarenez 1916</span>Jörg Krügerhttp://www.blogger.com/profile/09225622919254017543noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-2137746242319546071.post-44850287795636674172023-12-31T00:41:00.000-08:002023-12-31T00:41:02.724-08:00Elisabeth Janstein: Ein junger Dichter spricht<p> </p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEjUjHND23um1pYhOt7iLXrCyvmOt0gnO0COdqd7ihcnH0jjkAM3kw0wTdt6NZgWXsUkTa0-_qU5VJ_uHhIj-P8EC2odusYtZL8ywcbFbC1UHgiu4B-k8hrM1efJf7FtPl-tnasSn10TWo_gUyJAQE6oEp1eI0KHcidurEMhDAO6BPKmGeIt-Ko9Pra6t3E" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img alt="" data-original-height="219" data-original-width="230" height="360" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEjUjHND23um1pYhOt7iLXrCyvmOt0gnO0COdqd7ihcnH0jjkAM3kw0wTdt6NZgWXsUkTa0-_qU5VJ_uHhIj-P8EC2odusYtZL8ywcbFbC1UHgiu4B-k8hrM1efJf7FtPl-tnasSn10TWo_gUyJAQE6oEp1eI0KHcidurEMhDAO6BPKmGeIt-Ko9Pra6t3E=w378-h360" width="378" /></a></div><span style="font-family: arial; font-size: medium;"><div><span style="font-family: arial; font-size: medium;"><br /></span></div><br /><b>Ein junger Dichter spricht: </b><br /><br />Ich will euch nicht mehr „Poesie“<br />Und sanfte Schönheit geben.<br />Wild, wie ein Schrei, sei euch die Wahrheit meiner Bilder<br />Und immer grausamer, verbissener, wilder<br />Erschaff ich euch den wirren Taumel „Leben“.<br />Ihr soll die Qualen, Blut und Schweiß<br />Vor Augen haben.<br />Sollt nicht mehr das herrische Geschmeiß<br />Mit zugekniffenen Lidern spielen,<br />Sollt es schütternd fühlen.<br />Was Mensch sein und was leben heißt.<br />Das ungeheuere Rad, das kreist<br />Und wirbelnd durcheinander dreht,<br />Dass Schönheit, Schmutz in Eins verrinnen,<br />Wo alle Wahrheit auf dem Kopfe steht. -<br />O hört ihr nicht? Ich will euch hören machen!<br />Ich schreie euch die Wahrheit ins Gesicht,<br />Da klirrt und bricht.<br />Mit einem Male Leichtsinn, Lust und Lachen.<br />Ich hab es satt, euch Lügen aufzubaun,<br />Die euren feigen Sinne schmeicheln,<br />Zu loben und zu streicheln,<br />Wo Schmutz und Trug aus bunten Fetzen schaun.<br />Die Vogel-Strauß-Manier verfängt nicht mehr,<br />Die lang verhaltene Flamme schlägt,<br />Ein Sturmwind trägt<br />Euch bitteres Wissen aus dem Dunkel her.<br />Nun hütet eurer Seele Spiegel gut,<br />Dass ihn der Wahrheit Hammer nicht zerbricht.<br />Es taucht des neuen Morgens Licht<br />Die fahle Welt in Brand und Glut. . . <br /><br />Elisabeth Janstein, aus der Zeitschrift Ver!, herausgegeben von Karl F. Kocmata, Doppelheft 14 / 15, Mai 1918 <br /><br />Elisabeth Janstein, geboren als Elisabeth Jenny Janeczek am 19. Oktober 1893 in Iglau, Österreich-Ungarn; starb am 31. Dezember 1944 in Winchcombe, Borough of Tewkesbury, England im Exil. Sie war eine böhmisch-österreichische Dichterin und Journalistin. <br /></span><br />Jörg Krügerhttp://www.blogger.com/profile/09225622919254017543noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-2137746242319546071.post-14896198717172602432023-12-30T00:09:00.000-08:002023-12-30T00:09:53.828-08:00Jesse Thoor: In einem Haus / In der Fremde / Auferstehungssonett<p> </p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEj2b01x5PZAV2EPsqXSl1Vyc0tfQWoeKbuKCac_QlwLT8t4l5I6rF-85I-ayx4xlFkRtxJHw_JN7RZvW8jrcK8_boe4-6vaiw_Pr8sIQAByHxJAl_XdB6Y8Kj9r2Jwzo3LUWKV0M46ApirNgRpTe6xmJ0SxID2KFjM7qWqUuRBxwyuYrUHpFnosDpzj1Qs" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img alt="" data-original-height="750" data-original-width="561" height="527" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEj2b01x5PZAV2EPsqXSl1Vyc0tfQWoeKbuKCac_QlwLT8t4l5I6rF-85I-ayx4xlFkRtxJHw_JN7RZvW8jrcK8_boe4-6vaiw_Pr8sIQAByHxJAl_XdB6Y8Kj9r2Jwzo3LUWKV0M46ApirNgRpTe6xmJ0SxID2KFjM7qWqUuRBxwyuYrUHpFnosDpzj1Qs=w395-h527" width="395" /></a></div><span style="font-family: arial; font-size: medium;"><div><span style="font-family: arial; font-size: medium;"><br /></span></div><br /><b>In einem Haus </b><br /><br />In einem Haus, auf feinem Tannenreiser,<br />sitzen ein Bettelmann und ein Kaiser. <br /><br />Beide summen und lachen und trinken<br />und reden laut und leise und winken. <br /><br />Ein volles Jahr rollt über das Dach.<br />Ein volles Jahr rollt über das Dach. <br /><br /><br /><b>In der Fremde</b><br /><br />Ist es so auf Erden? <br /><br />Bin in die Welt gegangen.<br />Habe mancherlei angefangen.<br />Aber die Leute lachten. <br /><br />Auf dem Felde gegraben.<br />Einen Wagen gezogen.<br />Einen Zaun gerade gestellt.<br />Tür und Fenster gestrichen.<br />Warme Kleider genäht.<br />Hölzerne Truhe gezimmert.<br />Feine Stoffe gewoben.<br />Goldenes Ringlein geschmiedet. <br /><br />Was soll nun werden? <br /><br />Werde nach Hause wandern,<br />und barfuß ankommen. <br /><br /><br /><b>Auferstehungssonett </b><br /><br />Die Wolken ziehn am Horizont wie weiße Vögel schon gelassen hin.<br />Doch traumverwirrt noch schläft der Glockenblume blauer Schlag.<br />Es liegen staunend Dachs und Hund und Hamster auf den Knien.<br />Und wundersam von zarter Röte überhaucht erwacht der jüngste Tag. <br /><br />Dies ist der milde Atem wohl, der tröstend in den Lüften schwebt.<br />Schon regt es sich in allen Zweigen und die Bäche raunen.<br />Von allen Gipfeln zittert es beglückt und drängt und bebt,<br />dem Sphärenjubel ähnlich und den Liedern himmlischer Posaunen. <br /><br />Wer spricht hier noch, wie fern ich war im Strome wesenloser Dinge?<br />Nun blühe ich empor aus jedem Tropfen und aus jedem Blatt,<br />und trinke mich mit tausend Mündern an der frühen Klarheit satt. <br /><br />Aus Zedernholz sind meine Flügel, die ich rauschend schwinge.<br />Aus Meerschaum ist mein Leib, und meine Füße sind Kristall.<br />Und Sonnenstaub ist alles, was ich schuf aus meinem tiefsten Fall. <br /><br />Jesse Thoor, aus: Gedichte. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1975 <br /><br />Jesse Thoor, geboren am 23. Januar 1905 als Peter Karl Höfler in Berlin; gestorben am 15. August 1952 in Lienz/Osttirol, deutsch-österreichischer Schriftsteller. Er begab sich früh auf Wanderschaft quer durch Europa. Sein Vagantenleben führte ihn nach Italien, Spanien, Ungarn und die Niederlande, wobei er zeitweise als Heizer in der Küstenschifffahrt arbeitete. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten ging Thoor 1933 nach Österreich. Er lebte in Wien und arbeitete als Tischler, Bildhauer und Silberschmied. Nach dem „Anschluss“ Österreichs 1938 floh er nach Brünn in der Tschechoslowakei. Hier nahm er sein Pseudonym „Jesse Thoor“ an. Im Dezember 1938 erhielt er, auf Anregung von Franz Werfel, durch Vermittlung der American Guild for German Cultural Freedom für sich und seine Frau Friederike Blumenfeld eine Einreiseerlaubnis nach Großbritannien. Allerdings war er zeitweise als „Feindlicher Ausländer“ in Devon und auf der Isle of Man interniert. Nach der Entlassung arbeitete Thoor in Heimarbeit für einen Londoner Goldschmied. (Wiki) <br /><br />Das Bild ist von Félix Vallotton (1865 - 1925)</span>Jörg Krügerhttp://www.blogger.com/profile/09225622919254017543noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-2137746242319546071.post-76649381633269714642023-12-29T00:27:00.000-08:002023-12-29T00:27:46.821-08:00Gustav Sack: Abend<p> </p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEjUd0hi4IFM2NhOw343DmFZjKLWepX75gid0f3eyiXcZ9xaYrHllTzAj9NxbtlulEAWtXMRQDBGQ41GvW7oFGThC-TTmnh--Xldnb2nhVZ1CcCA4pmHFIbaEAQo-qQEdpwfunJk0Jc3wZ6cODlYnTJchuE7iKU1IdJgbKFB6x0QlANtAOTzdWhMptSIVBA" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img alt="" data-original-height="2368" data-original-width="3136" height="380" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEjUd0hi4IFM2NhOw343DmFZjKLWepX75gid0f3eyiXcZ9xaYrHllTzAj9NxbtlulEAWtXMRQDBGQ41GvW7oFGThC-TTmnh--Xldnb2nhVZ1CcCA4pmHFIbaEAQo-qQEdpwfunJk0Jc3wZ6cODlYnTJchuE7iKU1IdJgbKFB6x0QlANtAOTzdWhMptSIVBA=w503-h380" width="503" /></a></div><span style="font-family: arial; font-size: medium;"><div><span style="font-family: arial; font-size: medium;"><br /></span></div><br /><b>Abend </b><br /><br />Und wieder ein Abend; ein Tag in das Nichts,<br />das grenzenlose Nichts gerollt -<br />in den bleiernen Wolken ein Sterben des Lichts<br />und über den Wäldern der Mond, gelb wie altfränkisches Gold.</span><div><span style="font-family: arial; font-size: medium;"><br />Nun dunkelt es schnell; ein Wind macht sich auf<br />und rasselt im Schiefergedäche am Turm -<br />kopfüber purzelt der Tage Lauf<br />vor der Ewigkeit drohendem Sturm. <br /><br />Gustav Sack, aus: Gesammelte Werke in zwei Bänden, herausgegeben von Paula Sack, Zweiter Band, S. Fischer Verlag, Berlin 1920 <br /><br />Gustav Sack, geboren am 28. Oktober 1885 in Schermbeck; „gefallen“ am 5. Dezember 1916 bei Finta Mare, Rumänien), Schriftsteller, Lyriker und Dramatiker. <br /><br /><br />Das Bild ist von Félix Vallotton (1865 - 1925) <br /></span><br /></div>Jörg Krügerhttp://www.blogger.com/profile/09225622919254017543noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-2137746242319546071.post-38081508337796507132023-12-28T00:28:00.000-08:002023-12-28T00:28:37.474-08:00Emmy Hennings: Gefängnis<p> </p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEiwJwrQB3VFBQmFa0UlrgRbDmlSiD4FMU9cyVoFSkkgKw64aNPvYhRf0Lomv7HSVJPEKXqWnUotVBt-9bpdDoAAKp1Q5ydmFHJIX8dg0toj72mGI-odTWNtzw-yQJvA1YqgZX0aE_EBI_4-khqqlZHTJqzYUkwnvCWM_4rONv3u47NEjiphAPdcwofyFso" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img alt="" data-original-height="460" data-original-width="348" height="446" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEiwJwrQB3VFBQmFa0UlrgRbDmlSiD4FMU9cyVoFSkkgKw64aNPvYhRf0Lomv7HSVJPEKXqWnUotVBt-9bpdDoAAKp1Q5ydmFHJIX8dg0toj72mGI-odTWNtzw-yQJvA1YqgZX0aE_EBI_4-khqqlZHTJqzYUkwnvCWM_4rONv3u47NEjiphAPdcwofyFso=w338-h446" width="338" /></a></div><span style="font-family: arial; font-size: medium;"><div><span style="font-family: arial; font-size: medium;"><br /></span></div><br /><b>Gefängnis </b><br /><br /><b>I </b><br /><br />Am Seil der Hoffnung ziehn wir uns zu Tode.<br />Beneidet auf Gefängnishöfen sind die Raben.<br />Oft zucken unsre nie geküssten Lippen.<br />Ohnmächtige Einsamkeit, du bist erhaben.<br />Da draußen liegt die Welt, da rauscht das Leben.<br />Da dürfen Menschen gehn, wohin sie wollen.<br />Einmal gehörten wir doch auch zu denen,<br />Und jetzt sind wir vergessen und verschollen.<br />Nachts träumen wir Wunder auf schmalen Pritschen,<br />Tags gehn wir einher gleich scheuen Tieren.<br />Wir lugen traurig durchs Eisengitter<br />Und haben nichts mehr zu verlieren<br />Als unser Leben, das Gott uns gab.<br />Der Tod nur liegt in unsrer Hand.<br />Die Freiheit kann uns niemand nehmen:<br />Zu gehen in das unbekannte Land. <br /><br /><br /><b>II </b><br /><br />Im Süden rauscht das Wasser Seide.<br />Wir wohnen in den schmalen Zellen.<br />durchs Gitter dringt in kleinen Wellen<br />Die Sehnsucht nach der fernen Heide. <br /><br />Mein Taschentuch hat grünen Saum.<br />Ein gelbes Feld ist in der Mitte.<br />Und auf und ab sechs kleine Schritte. . .<br />Mein Taschentuch - mein grüner Baum. <br /><br /><br /><b>III </b><br /><br />Es war in der heiligen Weihenacht,<br />Ich lag in stiller Zelle.<br />In überirdischer Helle<br />Der Stern von Bethlehem hielt wacht. <br /><br />„Vom Himmel hoch, da komm ich her“<br />Es läuten alle Glocken.<br />Im Sträflingskleid auf Socken:<br />„Ich bring euch gute neue Mär.“ <br /><br />Emmy Hennings, aus: Helle Nacht, Gedichte, verlegt bei Erich Reiss, Berlin 1922 <br /><br />Emmy Hennings, geboren am 17. Januar 1885 in Flensburg; gestorben am 10. August 1948 in Sorengo bei Lugano, Dichterin, unter anderem Mitbegründerin des legendären Cabaret Voltaire 1916 in Zürich. 1914 war sie wegen Diebstahls und Verdachts auf Beihilfe zur Fahnenflucht für mehrere Monate in einem Münchner Gefängnis inhaftiert.</span>Jörg Krügerhttp://www.blogger.com/profile/09225622919254017543noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-2137746242319546071.post-76866103906747506962023-12-26T23:09:00.000-08:002023-12-26T23:09:48.537-08:00Adolph Donath: Unser Glück <p> </p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEjy7j-GKMKWNeg4Fb7NRL0NazL6ocpf0epYtB3uWKq4JQHCG5fyK4NzALuSGGJcsIETkfcwwcr9gsnuj3btZ_9RENKWbtigXSVHiJSUu70A4pB28FlxKiHMNnpZ0X1S8BaMaQG3Bz2sZy84tZ0cYx2d6u7JmcoeSz2m6CT-7MbT-2LSO8_MRMqdjvnukfQ" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img alt="" data-original-height="482" data-original-width="474" height="399" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEjy7j-GKMKWNeg4Fb7NRL0NazL6ocpf0epYtB3uWKq4JQHCG5fyK4NzALuSGGJcsIETkfcwwcr9gsnuj3btZ_9RENKWbtigXSVHiJSUu70A4pB28FlxKiHMNnpZ0X1S8BaMaQG3Bz2sZy84tZ0cYx2d6u7JmcoeSz2m6CT-7MbT-2LSO8_MRMqdjvnukfQ=w392-h399" width="392" /></a></div><span style="font-family: arial; font-size: medium;"><div><span style="font-family: arial; font-size: medium;"><br /></span></div><br /><b>Unser Glück </b><br /><br /> Es hat die Nacht die bleiche Hand erhoben<br /> Und tausend Sterne hingesät.<br /> Durch mondeshelle Lüfte weht<br /> Zitternd die Sehnsucht von dort oben; - <br /><br /> Sie steigt hinab, von Licht und Traum umschlungen<br /> Und drückt das Glück in unsre Hand.<br /> Da hat sich von der Himmelswand<br /> Ein weißes Sternchen losgerungen . . . <br /><br /> Adolph Donath, geboren am 9. 12. 1876 in Kremsier, Mähren, gestorben am 27. 12. 1937 in Prag war ein Schriftsteller, Lyriker und Kunstkritiker. Seit 1905 in Berlin, flüchtete er 1933 nach Prag, wo er im Dezember 1937 verstirbt. <br /><br /> Das Bild "Sternenhimmel Versuch" ist von Wenzel Hablik (1881 - 1934) <br /></span><br /> Jörg Krügerhttp://www.blogger.com/profile/09225622919254017543noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-2137746242319546071.post-90517658105279751752023-12-26T00:10:00.000-08:002023-12-26T00:10:17.230-08:00Hans Schiebelhuth: Schlafliedchen / Heinrich Lautensack: Der liebe Gott und das Kiind<p> </p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEgH_2N2SZ6ah48jORGx1W89zoP29KdtXZfV-k5Ls6MO2PFbyWbTDidYoYOYv0FTVMfAya7u8QpehHrTTyFjTTfPh-eNgPdqVXYx65kS4Olr9F3VmBZASkNVv1ORCeggeYQfkE-_7IzSryyGSfZbsWfhNAgS82wyHPgGQmUzslCaB1zxqBljXqMpcCqPUTY" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img alt="" data-original-height="555" data-original-width="750" height="357" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEgH_2N2SZ6ah48jORGx1W89zoP29KdtXZfV-k5Ls6MO2PFbyWbTDidYoYOYv0FTVMfAya7u8QpehHrTTyFjTTfPh-eNgPdqVXYx65kS4Olr9F3VmBZASkNVv1ORCeggeYQfkE-_7IzSryyGSfZbsWfhNAgS82wyHPgGQmUzslCaB1zxqBljXqMpcCqPUTY=w482-h357" width="482" /></a></div><span style="font-family: arial; font-size: medium;"><div><span style="font-family: arial; font-size: medium;"><br /></span></div><br /><b>Schlafliedchen </b><br /><br /> Im Goldgestäng deiner Wiege sitzen<br /> Silberne Vögel,<br /> Pfeifen:</span><div><span style="font-family: arial; font-size: medium;"><br /> Lullezu, der Ruhrufer,<br /> Rollefort, die Holdtolle,<br /> Schneileis, der Reihreif.</span></div><div><span style="font-family: arial; font-size: medium;"><br /> Alle Dächer blendet Mond,<br /> Engel werfen sich Sternchen zu,<br /> Blütenschlachten. <br /><br /> Klinglicht, singt der Wind,<br /> Tragsanft, sagt der Bach,<br /> Blauen Traum, rauscht der Baum. <br /><br /> Zehn gehn im Klee,<br /> Sandmännchen sinds, kommen<br /> Segen säen. <br /><br /> Wo sie gesät, da schießt um dein Bett<br /> Baldachinbusch Schlummer bald,<br /> Wunderwald Schlaf. <br /><br /> Glockenblumen pfadlang läuten<br /> Hummeln herbei, Bläulinge,<br /> Den weißen Zaunkönig zärtlich zu dir. <br /><br /> Hans Schiebelhuth <br /><br /><br /><b> Der liebe Gott und das Kind </b><br /><br /> Über dem Weinen schlief es ein.<br /> Nun träumts – nun lächelts unter Träumen.<br /> Und ist ein Schweigen in allen Räumen<br /> und hoch am Himmel Lichterschein. <br /><br /> Über dem Weinen schlief es ein.<br /> Und über seinen kleinen Nöten<br /> hats ganz vergessen, zu Gott zu beten.<br /> . . . Und hoch am Himmel Lichterschein. . . <br /><br /> Über dem Weinen schlief es ein.<br /> Nun träumts – nun lächelts unter Träumen.<br /> Und Gott lässt Schweigen in allen Räumen<br /> und hoch am Himmel Lichterschein. <br /><br /> Heinrich Lautensack <br /><br /> Hans Schiebelhuth, geboren am 11. Oktober 1895 in Darmstadt; gestorben am 14. Januar 1944 in East Hampton, New York, USA, expressionistischer Schriftsteller und Dichter. <br /><br /> Er schrieb für Zeitschriften wie Der Weg und Münchner Blätter für Dichtung und Graphik. Von Heft 4 bis 11 war Schiebelhuth Mitherausgeber der wichtigen hannoverschen Zeitschrift Der Zweemann (1919/1920). Er war als Mitglied des Henndorfer Kreises eng befreundet mit Carl Zuckmayer und hatte auch Verbindungen zu dem Kreis um den Dichter Stefan George. Mit Carlo Mierendorff, Theodor Haubach, Fritz Usinger arbeitete Schiebelhuth in Darmstadt an der Zeitschrift Das Tribunal. Hessische radikale Blätter mit, der Fortsetzung der Zeitschrift Die Dachstube; Das Tribunal erschien von 1919 bis 1921, herausgegeben von Carlo Mierendorff im Verlag Die Dachstube. Mit seiner kongenialen Übersetzung der Romane Schau heimwärts, Engel! und Vom Tod zum Morgen von Thomas Wolfe wurde Schiebelhuth so bekannt, dass darüber sein eigenständiges dichterisches Werk vielfach unbeachtet blieb. <br /><br /> Im Herbst 1923 heiratete er die reiche US-Amerikanerin Alice Trew Williams. Gemeinsam mit seiner Frau fuhr Schiebelhuth im Mai 1937 in die Vereinigten Staaten, um sich in einer New Yorker Fachklinik wegen seines schweren Herzleidens behandeln zu lassen. Er kehrte nicht nach Deutschland zurück, blieb jedoch in brieflicher Verbindung mit Fritz Usinger, Herbert Nette, Ernst Kreuder und anderen deutschen Freunden. Mit Carl Zuckmayer traf Schiebelhuth in jenen Jahren oft zusammen. <br /><br /> Schiebelhuth starb in seinem ländlichen Anwesen in East Hampton auf Long Island.<br /> Schlaflied aus: Schalmei vom Schelmenried. 1933 <br /><br /><br /> Heinrich Lautensack, geboren am 15. Juli 1881 in Vilshofen; gestorben am 10. Januar 1919 in Eberswalde, aus der Sammlung Die Documente der Liebesraserei - Die gesammelten Gedichte, 1910 <br /><br /> Unter dem Einfluss der Schwabinger Szene brach er 1901 sein Mathematikstudium ab und schloss sich dem Kabarett Die Elf Scharfrichter an. Hier lernte er Frank Wedekind kennen, der ihn zu eigenen lyrischen und dramatischen Versuchen ermunterte. 1907 ging er nach Berlin, wo er als freier Schriftsteller lebte. Er wirkte bei den Zeitschriften Die Aktion und Das neue Pathos mit, übersetzte aus dem Englischen und Französischen, bearbeitete Stücke anderer Autoren für die Bühne und nahm journalistische Gelegenheitsaufträge an. Der Tod des zeitlebens von ihm verehrten Frank Wedekind 1918 wurde zum Auslöser einer Geisteskrankheit. Bei Wedekinds Beerdigung auf dem Münchner Waldfriedhof fiel er den Trauernden auf, als er laut schreiend und gestikulierend Filmaufnahmen der Beerdigung machen ließ. Er starb ein Jahr später in der Nervenheilanstalt Eberswalde. <br /><br /><br /> Das Bild ist von Albert Anker (1831 - 1910) <br /></span><br /> </div>Jörg Krügerhttp://www.blogger.com/profile/09225622919254017543noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-2137746242319546071.post-3130553366288487022023-12-25T02:44:00.000-08:002023-12-25T02:44:10.937-08:00Jakob Haringer: Besuch im Stall<p> </p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEhYGMVhvuwrDEi-Z3n31DDw2EmqH4EX6YKdG-KjHWkFJzcAWoK_yjyVCPEcaDAw7-ZGmlKnDWLYVDnEWqafoxD5dnBvDfeCpXKcwHQJQA8XH6bOJkgaSzXjAGk1XfIySG5akQSNx7t78JO2SMWVedIunzGdBZjT1I2IQ658iIzrgLxkIM05Qp6OEOhP7qg" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img alt="" data-original-height="4608" data-original-width="3456" height="476" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEhYGMVhvuwrDEi-Z3n31DDw2EmqH4EX6YKdG-KjHWkFJzcAWoK_yjyVCPEcaDAw7-ZGmlKnDWLYVDnEWqafoxD5dnBvDfeCpXKcwHQJQA8XH6bOJkgaSzXjAGk1XfIySG5akQSNx7t78JO2SMWVedIunzGdBZjT1I2IQ658iIzrgLxkIM05Qp6OEOhP7qg=w357-h476" width="357" /></a></div><span style="font-family: arial; font-size: medium;"><div><span style="font-family: arial; font-size: medium;"><br /></span></div><br /><b>Besuch im Stall </b><br /><br />O Josef, nimm die Stall-Latern<br />Und leucht den Hirten heim!<br />Mein kleiner Jesu schlief wohl gern<br />Vor seiner argen Pein.<br />Die Herren haben Hunger jetzt<br />Nach Bier und Leberwurst,<br />Wir haben leider nichts im Haus<br />Für ihren großen Durst.<br />Drum Josef, nimm die Stall-Latern,<br />Das Wirtshaus ist nicht weit,<br />Und trink auf unsern kleinen Herrn,<br />Ich wart schon noch die Zeit.<br />Und sing das kleine Jesulein<br />Zur Ruh, zur süßen Ruh,<br />Man kann nicht immer glücklich sein,<br />Mein kleiner Engel du! <br /><br />Jakob Haringer, Lyriker, geboren am 16. März 1898 in Dresden als Johann Franz Albert; gestorben am 3. April 1948 in Zürich. „Ein Sonntagskind, in einer Welt ohne Sonntage“, nannte Hermann Hesse den Dichter. <br /><br />Das Foto zeigt die Maria mit dem Kinde von der Fredelsloher Krippe. Die Figuren sind, wie es sich für ein Töpferdorf gehört, aus Ton und im Mittelalterofen am Keramikum, dem Keramikmuseum in Fredelsloh, in den letzten Jahren getöpfert und gebrannt worden, unter der Ägide von Johannes und Janne Klett-Drechsel. <br /><br /></span>Jörg Krügerhttp://www.blogger.com/profile/09225622919254017543noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-2137746242319546071.post-32324126492184288462023-12-23T22:56:00.000-08:002023-12-23T22:56:19.237-08:00Toni Schwabe: Heilige Nacht<p> </p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEj-yhsa2IEnke9fr66SWwJEl9HhHau8luVa_RukBq-CpT1NNTzIoe7_fzqPjH5nz4g-_gbF_IWfHDQUx4zjqeFKW77Ub5P5PMfdceWDuriHG1iPKmZWAvt91qsEo05vRTYlA3uZcZha0Y4DrAKqFo2qZIo4LI0alGCLS4WDKb6tpve8yZsWo6pHv--lIbQ" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img alt="" data-original-height="1132" data-original-width="800" height="597" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEj-yhsa2IEnke9fr66SWwJEl9HhHau8luVa_RukBq-CpT1NNTzIoe7_fzqPjH5nz4g-_gbF_IWfHDQUx4zjqeFKW77Ub5P5PMfdceWDuriHG1iPKmZWAvt91qsEo05vRTYlA3uZcZha0Y4DrAKqFo2qZIo4LI0alGCLS4WDKb6tpve8yZsWo6pHv--lIbQ=w423-h597" width="423" /></a></div><br /><p></p><span style="font-family: arial; font-size: medium;"><b><br /></b></span><div><span style="font-family: arial; font-size: medium;"><b>Heilige Nacht </b><br /><br />Nimm du meine Fremdheit<br />In die Heimat auf.<br />Deine Tür ist Ruhe,<br />Schließt sich golden auf. <br /><br />Bis zu deinen Knien<br />Ging mein müder Weg,<br />Deck mich wie ein Mantel,<br />Dass sich nichts mehr reg. <br /><br />Aller Atem schweige,<br />Licht verlösch in Nacht,<br />Denn in deiner Liebe<br />Hab ich mich vollbracht. <br /><br /> Toni Schwabe aus: Das Landhaus, Eine literarische Monatsschrift, herausgegeben von Toni Schwabe, Fünfter Jahrgang 1920 <br /><br /> Schwabe, Toni, die am 31. März 1877 in Blankenburg (Thüringen) zur Welt kommt, Enkelin des leidenschaftlichen Schiller-Verehrers und zeitweiligen Weimarer Oberbürgermeisters Carl Leberecht Schwabe, lebt ab 1885 mit ihrer Familie in Jena. Hier besucht sie die Höhere Töchterschule, ist später Hospitantin an der Universität. Nach dem Abbruch einer kunstgewerblichen Ausbildung widmet sie sich der Schriftstellerei. 1902 erscheint ihr erster Roman „Die Hochzeit der Esther Franzenius“, in dem erstmals in der neueren deutschen Literatur die lesbische Liebe thematisiert wird. Dieses Debüt wird von Thomas Mann enthusiastisch besprochen. Weitere Prosaarbeiten folgen, aber auch mit Gedichten tritt Schwabe hervor, in denen sie dem gleichgeschlechtlichen Liebeserleben poetischen Ausdruck verleiht. 1916 gründet sie in Jena den Landhausverlag und gibt die Zeitschrift „Das Landhaus“ heraus, in der u. a. Autoren wie Hilde Domin, Kasimir Edschmid, Klabund, A. R. Meyer und Alfred Wolfenstein vertreten sind. Nach der Ausbombung in Berlin lebt die Dichterin ab 1944 wieder in Bad Blankenburg, wo sie mittellos und vereinsamt am 17. Oktober 1951 stirbt. (Aus dem Klappentext des 25. Heftes des VERSENSPORN, welches im Herbst 2016 erschien, bietet mit insgesamt 53 Gedichten aus den Jahren 1902 bis 1949 einen Querschnitt durch das lyrische Schaffen Schwabes. 10 der abgedruckten Gedichte sind bislang unveröffentlicht.) <br /><br /> Das Bild ist von Henryk Szczygliéski (1881 - 1941)</span><br /></div>Jörg Krügerhttp://www.blogger.com/profile/09225622919254017543noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-2137746242319546071.post-47471096511838977352023-12-22T22:56:00.000-08:002023-12-22T22:56:31.546-08:00Hugo Zuckermann: Ein Lied vom Tode<p> </p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEhXPpdFDXP2h2E5ICjjS4xMlXySH04QWZFAg1yRx8_0knxuChJUpacOQGxfrlCfXUmcyh_Y0etnvqAzXZLIls4KuzKeVeBlnvv2vljkL9YP34KLP-7PuxkDVid6hZ2omc4g8Y5h2PNX4KPkkXSZ3kofKRApfwCi4pv4p6DgRX2d3X4Sqg1Lmn-6kKnda7E" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img alt="" data-original-height="778" data-original-width="555" height="456" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEhXPpdFDXP2h2E5ICjjS4xMlXySH04QWZFAg1yRx8_0knxuChJUpacOQGxfrlCfXUmcyh_Y0etnvqAzXZLIls4KuzKeVeBlnvv2vljkL9YP34KLP-7PuxkDVid6hZ2omc4g8Y5h2PNX4KPkkXSZ3kofKRApfwCi4pv4p6DgRX2d3X4Sqg1Lmn-6kKnda7E=w325-h456" width="325" /></a></div><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><br /></div><span style="font-family: arial; font-size: medium;"><b><br />Ein Lied vom Tode</b><br /><br />Was ist der Tod?<br />Ein Abendrot,<br />In dem dein Glühen still verloht,<br />Oder wirklich die schwarze Wand,<br />Die uns wie ein Gefängnis umspannt?<br />Unseres Lebens Uferrand,<br />Ist es Anfang oder Ende?<br />Gewesenes und Werdendes reichten sich die Hände,<br />Bald ist's, als bände<br />Er Blumen, die er schnitt,<br />Als er über die Wiesen des Lebens ritt,<br />Zu bunten Gewinden.<br />Bald aber gleicht er dem Blinden,<br />Der alles niedertritt<br />Mit unbeholfenen Bauernsohlen;<br />Bald kommt er sich holen<br />Die schönste, wie zum Ringelreihn,<br />Oder er lädt tausend Gäste ein<br />In sein fernes Schloß.<br />Bald ist er Brautgenoß,<br />Bald verbuhlter Ehebrecher,<br />Bald ein frecher Kinderdieb.<br /><br />Doch haben ihn lieb<br />Die Kleinen.<br />Nur die Großen weinen,<br />Weil sie sein Spiel nimmer verstehn,<br />Weil sie nimmer wollen geradeaus gehn;<br />Viele Wege locken in dunkle Alleen.<br /><br />Wer Wunder will sehen,<br />Muß mit ihm gehen,<br />Dem Pfadefinder — —<br />Das wagen nur Kinder. <br /><br />Aus: Hugo Zuckermann, Gedichte, R. Löwit Verlag Wien 1915 <br /><br />Hugo Zuckermann, geboren am 15. Mai 1881 in Eger, Österreich-Ungarn; gestorben am 23. Dezember 1914 ebendort. Zusammen mit Oskar Rosenfeld hatte er 1908 die Jüdische Bühne, das erste jüdische Theater in Wien, gegründet, das bis 1938 bestand. Er war Soldat im Ersten Weltkrieg, er erlag seinen Verletzungen in seiner Geburtsstadt und wurde auf dem jüdischen Friedhof in Eger begraben.</span>Jörg Krügerhttp://www.blogger.com/profile/09225622919254017543noreply@blogger.com0