Samstag, 17. August 2024

Charlotte Wohlmuth: Laßt uns um das Feuer scharen. . . (Wir Utopisten)

 



Laßt uns um das Feuer scharen,
Das noch in den Herzen glimmt,
Eh´ die Lippen uns erfrieren.

Scheit um Scheite werfen wir, gesparte Worte,
In die matte Glut, daß sie entbrenne,
Züngelnd, lodernd sich erkenne.

Brände fahren ungebändigt
In die fahlen Widerspiele
Unseres Namens. - Ziele
Flammen auf vor unsern Blicken!

Unsere Hände schlagen Brücken,
Unsere Leiber sind die Pfeiler!

Eingeäschert liegen Meiler
Falscher Scham. Ihr in den Bezirken
Eingeengten Atems, sehet unser Wirken!

Alle Grenzen sind vernichtet
Wir allein nur, aufgerichtet
Ragen aus dem Fall der Zeiten
In die ersten Menschlichkeiten!

Charlotte Wohlmuth, eigentlicher Name Stefanie Oesterreicher. Lebte in Berlin. Veröffentlichte 1917/18 vier Gedichte in der Aktion. (geboren 1880, ab 1942 verschollen; aus Marienbad deportiert und in einem Konzentrationslager ermordet), aus der Zeitschrift Die Aktion Jg. 8, Nr. 5/6, 9.2.1918, Sp. 55 (zusammen mit einem Gedicht von Karl Otten unter der gemeinsamen Überschrift „Wir Utopisten“ I/II); auch in: Vollmer, Hartmut (Hg.): In roten Schuhen tanzt die Sonne sich zu Tod. Lyrik expressionistischer Dichterinnen. IGEL Verlag Literatur & Wissenschaft, Hamburg 2012,

Das Bild ist von Paul Gauguin (1848 - 1903)

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