Mittwoch, 14. Dezember 2016

Conrad Ferdinand Meyer - Abendwolke

Andrea Rausch: Südseelandschaft blau


Conrad Ferdinand Meyer (1825 - 1898), mit diesem Namen sind für mich Schul-Lesebucherinnerungen verbunden. Mit dem meisten Zeugs, das uns als Lyrik in der Realschule angeboten wurde, konnte ich nichts anfangen. Es war einfach nur langweilig und oft nationalistisch oder moralinsauer, und musste zudem auch noch auswendig gelernt werden. Einer der weinigen Lichtblicke in diesem pathetischen Zeilenwust, den unser Deutschlehrer uns als vorbildliche Lyrik anbot, war ein kurzes Gedicht von Conrad Ferdinand Meyer: "Der römische Brunnen"  -  "Auf steigt der Strahl, und fallend gießt / er voll der Marmorschale rund. . . ". Das gefiel mir in seiner Einfachheit und Schlichtheit. Lange Zeit für mich das vollendete Gedicht (aus Schulbüchern. . . ) neben Goethes "Ein Gleiches". 

Erst später durfte ich einen Kosmos an deutschsprachigen Dichterinnen und Dichtern entdecken, und vieles finden, das lebendig und ergreifend zugleich war. Und das alles stand nicht in unseren Lesebüchern, sondern musste sich mühsam zusammen gesucht werden. 

Mir geblieben ist jedoch eine gewisse Liebe zu Conrad Ferdinand Meyer. Besonders lieb gewonnen hab ich sein Gedicht "Abendwolke":

                                      Abendwolke

So stille ruht im Hafen
Das stille Wasser dort,
Die Ruder sind entschlafen,
Die Schifflein sind im Port.

Nur oben in dem Äther
Der lauen Maiennacht,
Da segelt noch ein später
Friedfertiger Ferge sacht.

Die Barke still und dunkel
Fährt hin in Dämmerschein
Und leisem Sterngefunkel
Am Himmel und hinein.

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