Sonntag, 3. Dezember 2023

Fritz Löhner-Beda: Sonett auf das Revier im KZ Buchenwald

 



Sonett auf das Revier im KZ Buchenwald


Da liegen sie in ihren weißen Betten,
Ein leises Atmen geistert durch den Raum,
In scheuen Augen glänzt ein schwerer Traum,
Was träumen sie? Von Brot und Zigaretten!

Von fernher klirren nur des Tages Ketten,
Des Lagers Schrei ebbt an des Hauses Saum.
Durchs Fenster blinzelt ein verschneiter Baum.
Zeitweilig schlägt der Tod die Kastagnetten.

Der Mann in Weiß, der seine Kranken pflegt,
Geht durch den Saal mit freundlichen Gebärden.
Unsichtbar ist die Bürde, die er trägt.

Ward solches Schicksal je gelebt auf Erden?
Da liegen Fiebernde, vom Schmerz zersägt,
Und zittern angstgepeitscht, gesund zu werden!

(Winter 1940)

Fritz Löhner-Beda, am 24 Juni 1883 als Fritz Löwy in Wildenschwert geboren. Er studiert Jura und promoviert 1905 an der Universität Wien zum Dr. jur. Vor dem Ersten Weltkrieg schreibt er Satiren, 1920 erscheint der Lyrikband „Ecce ego“. Als Librettist von Franz Lehárs Operette "Land des Lächelns" erlangt er 1928 Weltruhm.

Ende März 1938, nach dem Einmarsch der Deutschen in Österreich, wird er sofort verhaftet und am 1. April mit dem sogenannten "Prominententransport", dem ersten Transport von Österreichern, ins KZ Dachau eingeliefert. Im September 1938 wird er nach Buchenwald überstellt, arbeitet in der Strumpfstopferei und ab September 1939 im Gärtnerei-Kommando. Vergeblich hofft er, Franz Lehár werde sich für seine Freilassung einsetzen. Im Lager beteiligt er sich an Kleinkunst-Aufführungen für Mithäftlinge. 1938 dichtet er den Text des "Buchenwald-Liedes", den Hermann Leopoldi vertont. Im Oktober 1942 wird Fritz Löhner-Beda in das KZ Auschwitz-Monowitz deportiert. Beim Morgenappell wird er durch Schläge eines SS-Mannes so schwer verletzt, daß er am 4. Dezember 1942 stirbt.

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