Welt, Gott, Liebe, Krieg und Sterben:
vollbracht, erträumt, zerdacht, gesagt,
immer nur Erde auf Erden.
Stäubchen stürz ich der Ewigkeit zu
Der Dinge Gewirr ist Gottes Gebot,
ich bin der Narr, den Tanz der Welt zu erzwecken
aus verzweifeltem Leid in fröhlichen Tod,
mein Weg um den Weg will das Nichts entdecken.
Teilchenteil aus Technik, Kultur;
wirble durch Unrast in endliche Ruh,
Mensch zog Grenzen und baute die Uhr,
einmal macht Gott die Augen mir zu.
Antwort auf Gott
Die Welt war Christus der Tragik verfallen;
ich hab die Tragik aus der Welt gelöscht.
Die Wellen überstürzen sich,
Blut und Erde und Himmel in Strom,
Sterne, des Weges zweckbar bewegtes Geschehn,
ewiges Leben, überall Tod,
Tage sind immer, ein Tag vergeht,
Nacht bleibt ruhn und Nächte fliehn,
was raunt der Zeit in die Stille sein Nein,
wer spricht dem Sterben im Raum ein Ja!?
Freunde
Fels, der neben mir in Raum und Wetter ragt:
Welle, die uns umspielt, durchbraust, benagt;
Wanderer, der mit mir ins Weite geht;
Hauch, Wind, Sturm, der uns beweht;
Wurzel wie ich, tragen wir einer Krone Last:
Erdreich, das uns nährend umfaßt.
Ahnung in der Zeit
Wer Deine Nächte wandernd erlebt,
kennt Deinen Tag,
der Nächte durchwebt:
im Takt der kreisenden Räder bebt
der Erdball
Tag und Nacht: Ursang ist erwacht,
klagende jauchzende Unrast
singsangsingt,
singt Tat, Arbeit klingt
von Pol zu Pol ohne Erlösung:
Lärm, Bewegung,
Musik.
Schmerz erkannt,
wortgebannt,
der Erde Schmerz, der nie verstummt,
wie Draht, gespannt über Herden und Maschinen,
verdammt, zu dienen,
summt, summt,
verdammt zu dienen,
wie wir:
Zeit im Hymnus der Göttlichkeit.
Im Schein der Essen,
die Blut sind und Rosen,
sind wir gesessen,
verkauert, o Herr!
Blind.
In klingender Ferne
brüderlich Wind und Sterne,
in der Welle ewiges Sein …
Die Stille,
immer hat Stille Deinen Schritt gehört:
Hämmer schweigen; Kessel barsten,
Feuer erlosch; und Wasser, Geschöpf und Luft ist stumm,
es schlagen die Pulse der Ewigkeit.
Aus: Hugo Sonnenschein, Erde auf Erden, Verlag Ed. Strache Wien · Prag · Leipzig 1920
Hugo Sonnenschein, geboren am 25. Mai 1889 in Gaya, Österreich-Ungarn, gestorben am 20. Juli 1953 in Mirov, Tschechoslowakei, er schuf expressive Gedichte mit volksliedhaften Zügen. In seinen Gedichten stilisierte er sich selbst zum „Bruder Sonka“. Von 1911 bis 1914 zog er als Vagabund durch Europa. 1934 wurde er aus Österreich ausgewiesen. 1940 wurde er von den Nazis im Gefängnis Pankrác inhaftiert und 1943 in das KZ Auschwitz deportiert und 1945 befreit. Seine Frau wurde in Auschwitz-Birkenau ermordet.
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