Mittwoch, 26. April 2017

Max Fleischer: Romanze einer Nacht / Junge Frau

Male Rinsland: Engel der Ruhe, mit freundlicher Genehmigung



Am 27. 4. 1942 ist der Dichter Max Fleischer in das Getto Wlodawa (Generalgouvernement) deportiert worden und nicht zurück gekommen, er wurde am 31. 1. 1880 in Komotau (Böhmen) geboren. 



Romanze einer Nacht

Die Weingelände mit den breiten Blättern,
Darunter schwellend Zions Traube reift,
Stehn klar im Glanz. Mondweiße Winden klettern
Durch Rankenwirrnis, die von Golde träuft.

Blaufinster dräut der Wald. Die Garben leuchten.
Die Sommernacht ist blaß wie eine Braut,
Die schwermutvoll mit wimpertiefen feuchten
Glanzaugen in die Lebensgärten schaut.

Heut´ müssen alle Judenfrauen wachen:
Es ist die Nacht, da Ruth zu Juda fand.
Aus allen Büschen singt ihr Silberlachen,
Auf allem Leid liegt lindern ihre Hand.

Den braunen Mädchen rieselt aus den Bäumen
Ein Tropfen Mondlicht in das heiße Blut;
Die blonden aber lauschen wie aus Träumen
Dem Brautlied ihrer blonden Ahnfrau Ruth.


Junge Frau

Noch sprüh´n nicht Purpurrosen sinnverwirrend,
Noch gaukeln nicht die bunten Sommervögel.
Nur hier und da ein Weißling, wiesenirrend,
Bläht sein getupftes lichtes Sommersegel.

Goldregen schüttet große gelbe Trauben,
Wie Silber rieselts vom Akazienbaum,
Jasmin verhängt die Gänge und die Lauben.
Der Lattenzaun faßt all den Reichtum kaum.

Da ist sie unter Bäumen aufgewacht.
Mit weißen Kieseln spielt sie traumverloren.
Schwermütig ist sie worden über Nacht
Und steht versonnen an des Sommers Toren.





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