Montag, 12. November 2018

Carl Busse: Nächte




Nächte

I.

Das ferne Rauschen selbst der Quellen
Verwehte längst und ging zur Ruh,
Den silberroten Mondeswellen
Neigt sich die nächtige Blüte zu.

Der weiße Flieder atmet leise,
Süß über schwüle Rosenpracht
Klingt eine wundersame Weise,
Und blau verdämmernd liegt die Nacht.


II.

Der Vögel Sonnenlieder starben,
Nachzitternd seiner Königin
Dehnt blaß sich und orangefarben
Der weite Abendhimmel hin.

Und stiller wird die Luft und wärmer,
Kaum daß es sacht herüberdringt,
Wenn surrend ein Ligusterschwärmer
Im Flug aus vollen Kelchen trinkt.


III

Ein müder Falter, tief im Traume,
Vergißt berauscht das Weiterziehn,
Und wiegt sich auf dem Kronensaume
Des schwülen, schwankenden Jasmin.

Sternrosen spiegeln wirr sich wider
Im sammetdunklen Wasserrand,
Und winkend schimmert weißer Flieder
Wie eine weiche Totenhand.




Carl Hermann Busse, geboren am 12. November 1872 vermutlich in Lindenstadt bei Birnbaum in Posen; gestorben am 3. Dezember 1918 in Berlin, Lyriker und Literaturkritiker.




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