Freitag, 6. Oktober 2023

Arthur Ernst Rutra: Schwere des Abends / Und Gottes Schweigen / Die Toten

 



Schwere des Abends

Schwere des Abends,
niederschwebend zur Welt,
Endliches erlösend,
das umfangen hält.

Abgeschieden Mensch;
einsamer Führer mächtigen Heers,
trunkener Büßer im Traum -
schwer wie ein Stein am Grunde des Meers.


Und Gottes Schweigen


Und Gottes Schweigen wuchs aus diesem Baum -
und überwuchs und brandete
an den unendlichen Saum.
Und irgendwo, eingeengt
zwischen Wachen und Traum,
landete
mein Erinnern, wie Blei sich senkt.

Arthur Ernst Rutra, aus der Gedichtfolge Einsamkeit in: Das Landhaus, Eine literarische Monatsschrift, herausgegeben von Toni Schwabe, Fünfter Jahrgang / Erstes Heft; Jena, Januar 1920


Die Toten

Ach, sie sind
wie blasse Gedanken,
hingeträumt in irrende Welt -
letzten Geschehens blind
hintastendes Schwanken,
das müde in eigene Schwere fällt.

Und wir sind
ein letztes Verweilen,
ein Ruhen an Grenzen,
wenn Leben beginnt -
sind Wunden, die schmerzlos verheilen,
Sterne, die morgens verglänzen.

Arthur Ernst Rutra, aus: Einsamer Weg, Gedichte, Verlag Dr. Werner, Wien 1937

Arthur Ernst Rutra, geboren am 18. 9. 1892 in Wien, war Schriftsteller, Lektor und Übersetzer. Er wurde 1918 Lektor im Georg Müller Verlag, später Mitarbeiter an verschiedenen Münchner Verlagen. Nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten emigrierte Rutra nach Österreich, nach dem Anschluss Österreichs 1938 wurde er verhaftet und befand sich ab dem 2. April 1938 im KZ Dachau, ab dem 9. Oktober 1939 in Buchenwald. 1941 wurde er vom Volksgerichtshof zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt. Am 5. Oktober 1942 wurde er durch die Gestapo Wien nach Minsk verschleppt, wo er am 9. Oktober 1942 im nahegelegenen Vernichtungslager Maly Trostinez ermordet wurde.

Das Bild zeigt Arthur Ernst Rutra in einer Aufnahme vor 1928 von Edmund (Eduard) Wasow (1879–1944)

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