Mittwoch, 18. Oktober 2023

Ilse Herzfeld: Drei Gedichte

 



Drei Gedichte

I

Du sangest unendliche Sänge
Von Abend, Schlaf und Ruh.
Wir gingen dunkle Gänge
Dem Englischen Garten zu.

Weiße Wege glitten
Heimlich in hüllende Nacht,
Und wie wir schwebend schritten,
Sind weit die Wunder erwacht.

II

Klanglos klagt die weiße Kühle
Gähnt und gleitet Gassen hin.
Wenn ich deine Ferne fühle -
Wie du reich bist, Trösterin!

Regen tropft - ein trübes Tränen,
Schlangen schluchzen himmelab.
Leise singt und sinkt ein Sehnen
In sein dämmergraues Grab.

III

Ich hatte dein und immer dein gedacht.
Und Sonne goldete um kalte Glieder.
Ich hatte wartend Nacht und Nacht durchwacht.
Und Träume tröstend tönten in mir wieder.

Und Tränen strömend trugen sie schon fern.
Mein Sehnen schrie ein atemloses Flehen.
Müd, meine Augen suchten seinen Stern -
Er hob mich leis und hieß mich mit sich gehen.

Ilse Herzfeld geboren 30.11.1890 in Glogau (Schlesien), Flucht in den Tod am 19. 10. 1941 in Berlin, aus: Der Zweemann, Monatsblätter für Dichtung und Kunst, Nr. 4, Februar 1920

Das Bild zeigt einen Holzschnitt von E. Schütte aus dem gleichen Heft.

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