Dienstag, 10. Oktober 2023

Hans Schiebelhuth: Reisesegen

 



Reisesegen

Geh gut. Die Götter haben deine Stirn geküsst.
Geh sanft und wisse: alle Lasten schlafen.
Nichts Böses wird die begegnen. Allwegs
Wartet dein eine gnädig schirmende Hand.

Rosen aber und Gold sät wegwärts vor dir das Frührot.
Rastest du, wölbt sich des Mittags tiefblaue Halle
Gern dem Gast. Und sanft, denn mit Sang und Salbe
Belabt der Abend lind den tagmüden Sinn.

Wohne tief im Wunder der fremden Nacht, erlausche
Was dir ein anderer Traumvogel zärtlich verrät.
Leere den Becher ganz und hebe dann wieder
Weiter auf Pfaden ins Licht leichtleicht den Fuß.

Hans Schiebelhuth (* 11. Oktober 1895 in Darmstadt; † 14. Januar 1944 in East Hampton, New York, USA) war ein expressionistischer deutscher Schriftsteller und Übersetzer. Er übersetzte unter anderem sehr früh den amerikanischen Schriftsteller Thomas Wolfe (Schau heimwärts Engel) und sorgte mit seinen Übertragungen dafür, dass Wolfe in Deutschland bekannter war, als in seinem Heimatland. Das Gedicht ist aus seinem Band "Wegstern" von 1921

Das Bild „Vagabund zwischen Blumen“ ist von Hugó Scheiber (1873 - 1950)

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