Genfer Abrüstungsrede
Messieurs! Die Welt hört ab Montag bereits
Außer dem faden Schlachtengetümmel
Lieblich aus der französischen Schweiz
Unserer Friedensglocken Gebimmel.
Verehrte Herren! In heißem Dank
Wird die Menschheit auf uns schauen:
Wir werden der Welt, die vom Rüsten so krank,
Endlich das richtige Pulver brauen!
Wir sitzen bei trautem Kanonengebrumm,
Und in den Lüften (Sie werden's kaum glauben)
Flattern Bombenflugzeuge herum
Und gurren wie richtige Friedenstauben!
Die Friedenspalmen schütteln sich leis ...
Prosit, meine Herren, Sie sollen leben!
(Der Toast gilt zwar nicht den Toten Schanghais,
Doch würde auch sie dieser Anblick erheben.)
Ein Halleluja dem Völkerbund!
Die Kommission wirkt energisch im Osten,
Sie macht bei Gefallnen den Leichenbefund
Und berechnet bei Bombardements die Kosten!
Schluss mit den langen Kriegen ab heut!
Ich höre die Englein Schalmeien blasen ...
Bald ist der menschliche Fortschritt so weit,
Dass wir, meine Herren, mit Sicherheit
Die Menschheit in sechzig Minuten vergasen . . .
Jura Soyfer, aus: Das Gesamtwerk, Hrsg. Horst Jarka. Europa, Wien 1980
Jura Soyfer wurde am 8. Dezember 1912 in Charkow, Ukraine geboren und starb am 16. Februar 1939 im KZ Buchenwald an Typhus. Er war einer der bedeutendsten politischen Schriftsteller Österreichs in den 1930er Jahren.
Die Genfer Abrüstungskonferenz war eine internationale Konferenz, die vom 2. Februar 1932 bis zum 11. Juni 1934 mit Unterbrechungen in Genf tagte. Das Bestreben der Konferenz, die im Anschluss an die seit 1925 im Jahresturnus tagende Vorbereitende Abrüstungskommission einberufen wurde, bestand darin, das Rüstungsniveau ihrer Teilnehmer „in dem höchsten, mit der jeweiligen nationalen Sicherheit vereinbaren Maße“, zurückzufahren. Das Foto ist vom Februar 1932
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