Herbst
Und immer, wenn du kommst, du stiller, milder,
Du heller Herbst mit deiner Farbenpracht,
Wenn du der Sommertage Wappenschilder,
Die grünen Blätter, rot wie Blut gemacht, --
Dann sehʼ ich sie sinken, eines nach dem andern,
Meine Heiligtümer sinken leis herab,
Es ist ja Herbst, die blauen Schwalben wandern,
Und blauer Enzian blüht am Wilderergrab.
Und was zuerst mir starb, das war die Liebe --
Nichts wird wie sie des rauhen Jahres Raub,
Sie ist ja nur ein Grünen junger Triebe,
Im Frühling hold, im Herbst ein bisschen Staub.
Und zitternd fällt ein zweites Blatt hernieder; --
Der Glaube warʼs, der sommerklar geglänzt, --
Und schaudernd sehʼ ich auf die nackten Glieder
Der Menschheit, die er mir solang umkränzt!
Dann sank die grüne Hoffnung müd`zur Erde,
Und hinter ihr Ströme des Sonnenlichts; --
Wie lang wirdʼs dauern, bis ichʼs fassen werde:
Der Winter kommt – das Ende kommt – sonst Nichts.
Hedda Sauer, aus: Ins Land der Liebe. Prag: J.G. Calveʼsche k.u.k. Hof u. Universitätsbuchhandlung, 1900
Hedda Sauer, geboren am 24. September 1875 in Prag; gestorben am 21. März 1953 ebenda, Dichterin und Übersetzerin in Prag. Sie gehörte mit ihrem Mann Prof. August Sauer zur dortigen Kultur- und Künstlerszene und hatte Kontakte zu Rainer Maria Rilke, Ellen Key, Bertha von Suttner und anderen Persönlichkeiten.
Das Bild ist von Harald Sohlberg (1869 - 1935)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen