Ja, lerne nur. . .
Ja, lerne nur die Welt begreifen,
Und atme tief das Leben ein.
Lässt du es in dir ruhn und reifen,
Dann wirst du niemals Richter sein.
Halt dich nicht auf, tu dich nicht kränken.
Was gehen dich an die fremden Mängel?
Man braucht ja nur sich selbst bedenken.
Ach, ich bin immer noch kein Engel.
Ich kam als Mensch auf diese Erde.
Ich will erkennen, was ich bin.
Das helle Schöpferwort: Es werde. . .
Hat auch im Schattentale Sinn.
Noch einmal
Noch einmal weilen in der Sonnenspur.
Mein Sommerglück, du gehst zur Neige.
Verblühte Blumen auf der matten Flur.
Es dringt ein Lied aus einer müden Geige,
Das Heimwehlied, das ich in mir verschweige. . .
Noch einmal wolle, Sonne, mich umkosen.
Will weinen dir das Lied der Dankbarkeit.
Ach, wie ergeben stehn die Herbstzeitlosen.
Da schließen meine Augen sich wie Rosen,
Die sanft und blass zum Schlafengehn bereit.
Maschinengeschriebenes Skript aus dem Nachlass, undatiert, gezeichnet mit Emmy Ball-Hennings; Schweizerische Nationalbibliothek
Emmy Hennings, geboren am 17. Januar 1885 in Flensburg; gestorben am 10. August 1948 in Sorengo bei Lugano, Dichterin, unter anderem Mitbegründerin des legendären Cabaret Voltaire 1916 in Zürich.
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