Donnerstag, 26. Januar 2023

Friedrich Glauser: Doch nun tragen die Trauben kein Blut mehr. . .


 

Doch nun tragen die Trauben kein Blut mehr
und unter wächsernen Sternen
bringt im purpurnen Kelch
der Meister das Opfer der Taube.
Sieh, wie verwandelt die Erde sich
Unter dem Schritt seiner leuchtenden Sandalen
und es bebt die Wolke, wenn in dumpfer Trauer
der Mond sich rötet.
Nimmer wollen wir klagen
denn die Mauer barst
zertrümmert von dem singenden Schlage
des metallenen Schlangenstabes.

Aus den Helvetic Archives, abgedruckt in: Friedrich Glauser: "Pfützen schreien so laut ihr Licht". Hrsg. v. Bernhard Echte, Wädenswil: Nimbus Verlag, 2008

Zur Erinnerung an Friedrich Glauser, der am 8. 12. 1938, gerade 42 Jahre alt, in Nervi bei Genua starb. Bekannt wurde er durch seine Kriminalromane, besonders die um den Wachtmeister Studer, begonnen hatte er als Lyriker und früher Dada-Anhänger.

1917 debütierte Glauser als Dichter, als er 21-jährig zusammen mit Hugo Ball und Tristan Tzara bei den legendären Dada-Soiréen im Cabaret Voltaire auftrat.

»Wir werden nie in Mikrophone spucken
Und niemals tagen in Vereinten Kommissionen,
Wir werden nie in Einfamilienhäusern wohnen
Und nie vom Schreibtisch genialisch in die Linse gucken«,

heißt es im Gedicht »Wir« aus dem Jahr 1933, und weiter:

»Uns wird es eben schlecht, hörn wir von großen Worten.«

Emmi Hennings über den Dichter: «Ich lernte ihn […] in der ‹Galerie Dada›, im Sprünglihaus an der Bahnhofstrasse kennen. Dort saß ich grad mal an der Kasse, als Glauser kam, der sich die Sturmausstellung ansehen wollte. [….] Und dann sah er sich die Sturmbilder an, und fand allmählich Gefallen, öfter zu kommen. […] Glauser hat dann auch mehrmals in der Galerie gelesen, eigene Sachen und Nachdichtungen.»

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