Montag, 30. Juni 2025

Karl Wolfskehl: zum klaren Berg der blauen Seligkeiten. . . / Du weisst es. . . / Sie schwebt im blau des morgenwindes. . .

 



Zum klaren Berg der blauen Seligkeiten
Vergessene müde pilger schreiten
Die pforte schloss • sie pochen pochen.

Verlorner töne himmlisch sehnend schweifen
Schlingt sich um sie in elfenzauberreifen •
Sie pochen pochen.

An ihrem leibe fremde gluten rinnen
Der berg der Seligkeiten strahlet innen
Sie aber pochen pochen . . .

Karl Wolfskehl, aus: Ulais, Verlag der Blätter für die Kunst, Berlin 1897

* * *

Du weisst es • keine zeichen irrten
Wir schieden unsern heiligen bund.
Nachtvögel unser haupt umschwirrten.
Da wir der trennung rosse schirrten
Log unserm herzen unser mund.

Wir haben uns zurückgefunden
Im herbstlaub • wie's in flammen steht!
Vom höchsten Schicksal überwunden
Sind wir ob aller zeit verbunden
Noch eh das fest zu enden geht.

* * *

Sie schwebt im blau des morgenwindes
Im zweifellicht von tag und nacht
Im aug das lächeln eines kindes
Dem eine krone sie gebracht.

Von ihren lippen fliesst ein schweigen
In schwerer falten heiligem chor
Der sich die lilien schauernd neigen
Die rote rose sich erkor.

Aus: Gesammelte Dichtungen, Georg Bondi Berlin 1903

Karl Wolfskehl, geboren am 17. 9. 1869 in Darmstadt, gestorben am 30. 6. 1948 im Exil in Auckland, Neuseeland. Er war aktiv im Münchner Kreis um Stefan George, mit dem er von 1892 bis 1919 die Zeitschrift „Blätter für die Kunst“ und 1901 bis 1903 die Sammlung „Deutsche Dichtung“ herausgab.

Karl Wolfskehl hat sich über den Charakter des Regimes der Nationalsozialisten nichts vorgemacht. Während andere seiner Freunde, vornehmlich aus dem Georgekreis, noch abwarteten, reiste er am Tage der Machtergreifung über Basel erst ins italienische, 1938 ins neuseeländische Asyl, ins Antithule, wie er die Insel am entgegengesetzten Teil der Erde nannte, so weit von Deutschland weg wie irgendwie möglich.







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