Samstag, 10. Dezember 2016

Paul Kornfeld - Aus: "Himmel und Hölle"

Das Bild ist von der Fredelsloher Künstlerin Andrea Rausch


Keine Stunde, die uns naht,
Ist mir fremd
Denn Hand in Hand
Durchschwebten wir Äonen!
Einst in andern, längstvergangnen Tagen –
Haben wir einmal als Kinder
Voller Eintracht miteinander Ball gespielt!

Warst du Castor / War ich Pollux /
Warst du Teich und ich der Nebel /
Warst du Stein und ich der Bach /

Ach, von jenen hellen Tagen
Blieb ein Hauch,
Ach, von jenen hellen Tagen
Blieb Gesang in meiner Brust!

Keine Stunde, die uns naht,
Ist mir fremd,
Denn ins Unbegrenzte hin
Sind wir Freund!

Dann wieder einst in andern Tagen
Bist du Wind und ich die Blüte,
Bist du Strahl und ich das Blatt,
Dann wieder einst in blauen Tagen
Werden wir in süßer Eintracht
Als Schwalbenpaar von hier nach Japan ziehen -
Aus Ewigkeiten in die Ewigkeiten
Wandern die Gefühle,
Und da du bist,
Fasst, ewig zu sein, mich unendliche Lust.

Aus „Himmel und Hölle“, Tragödie in fünf Akten und einem Epilog. Fischer, Berlin 1919

Gefunden in: „Das Landhaus - eine literarische Monatsschrift“, Herausgeberin Toni Schwabe, Jena, März 1919

Paul Kornfeld wurde am 11. Dezember 1889 in Prag geboren, er wurde am 25. April 1942 im Vernichtungslager Lodz ermordet.

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