Donnerstag, 16. März 2017

Paul Boldt: Sinnlichkeit / Junge Pferde




Am 16. März 1921 starb der 1885 geborene Dichter Paul Boldt in Freiburg im Breisgau an einer Embolie nach einer Operation. Er hinterließ nur einen Geichtband, schon 1918 hatte er aufgehört zu schreiben. Doch durch sein Gedicht „Junge Pferde“ wurde er 1914 in Künstlerkreisen berühmt.

Aus: In der Natur

Über die Erde wehen Farbenböen,
Ein Schwarm von Feldern, der sich niederläßt.
Die Morgen gehen über: Ost bis West
Sausen die Farben. Erde blüht sich schön.



Sinnlichkeit

Unter dem Monde liegt des Parks Skelett.
Der Wind schweigt weit. Doch wenn wir Schritte tun,
Beschwatzt der Schnee an deinen Stöckelschuhn
Der winterlichen Sterne Menuett.

Und wir entkleiden uns, seufzend vor Lust,
Und leuchten auf; du stehst mit hübschen Hüften
Und hellen Knien im Schnee, dem sehr verblüfften,
Wie eine schöne Bäuerin robust.

Wir wittern und die Tiere imitierend
Fliehn wir in den Alleen mit frischen Schrein.
Um deine Flanken steigt der Schnee moussierend.

Mein Blut ist fröhlicher als Feuerschein!
So rennen wir exzentrisches Ballett
Zum Pavillon hin durch die Türe ins Bett.

Aus: 
Junge Pferde! Junge Pferde!, Leipzig, Kurt Wolff 1914 (als Band 11 der Reihe Der jüngste Tag)

Junge Pferde

Wer die blühenden Wiesen kennt
Und die hingetragene Herde,
Die, das Maul am Winde, rennt:
Junge Pferde! Junge Pferde!

Über Gräben, Gräserstoppel
Und entlang den Rotdornhecken
Weht der Trab der scheuen Koppel,
Füchse, Braune, Schimmel, Schecken!

Junge Sommermorgen zogen
Weiß davon, sie wieherten.
Wolke warf den Blitz, sie flogen
Voll von Angst hin, galoppierten.

Selten graue Nüstern wittern,
Und dann nähern sie und nicken,
Ihre Augensterne zittern
In den engen Menschenblicken.

Aus: Die Aktion Bd. 2, Jg. 1912 Nr. 43 (23. Oktober), auch in: Junge Pferde! Junge Pferde!, Leipzig, Kurt Wolff 1914 (als Band 11 der Reihe Der jüngste Tag)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen