Ich möchte in diesem Blog Werke von Dichterinnen und Dichtern einstellen, welche mir bei meinen Streifzügen durch die Welt der Poesie begegnet sind, und die mir gefielen. So wird dies ein ganz persönliches Kompendium, von dem ich mir dennoch erhoffe, dass es auch anderen Menschen Freude macht. Also, viel Spaß beim Stöbern wünscht Dingefinder Jörg Krüger.
Donnerstag, 27. Dezember 2018
Georg Kafka: Segen der Nacht
Segen der Nacht
Ich bin, Geliebte, Gottes schmaler Spiegel,
In den er blickt, eh' er zur Ruhe geht.
Mein Herz ist seines Ringes rotes Siegel,
das er dem Abend aufprägt, eh' er ganz verweht.
Ich bin, Geliebte, Gottes Silberschale,
Aus der er oft des Schlummers Rotwein trinkt,
Von deren tiefem Grunde, wie aus einem Tale
Des bleichen Monds das Lied der Schwermut klingt.
Ich war, Geliebte, Gottes stummer Spiegel.
Nun sing ich in der Ferne leise Lieder
Zur Laute Dir, wenn rings die Sterne steigen.
Mein Herz war Gottes abendrotes Siegel.
Nun spricht er zu mir aus der Sterne Schweigen:
In meinem Garten sehet ihr euch wieder. . .
(1943)
Georg Kafka war ein entfernter Verwandter von Franz Kafka. Er stammte aus Teplice. Am 23. Juli 1942 wurde er nach Theresienstadt deportiert, am 25. Mai 1944 nach Auschwitz, wohin er seiner in den Transport eingereihten Mutter freiwillig folgte. Er wurde später weiter verschleppt und kam Ende 1944 im KZ Schwarzheide ums Leben.
Das Bild ist von der 2017 verstorbenen Fredelsloher Künstlerin Andrea Rausch
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