Meine Klause
Ich liebe dich, mein liebes Zimmer,
Du kleines, friedliches Asyl,
In das noch stets ein Sonnenschimmer
Verträumter Schöpferfreude fiel.
Ich bin am Markte lang' gewandelt,
Ich traute gut und menschenwarm,
Ich ward verschachert und verhandelt
Und schlich mich heim unendlich arm.
Nun hab' ich dich als letzte Planke,
Asyl, in dem ein Frühling treibt
Und mir noch stets ein Frohgedanke
Als Samenkorn der Freude bleibt.
Es geht ein selig‘ Schönheitsahnen
Durch deine stille Nacht dahin,
Und jedes Blühn ist mir ein Mahnen,
Daß ich noch nicht verloren bin.
Jakob Christoph Heer, geboren am 17. Juli 1859 in Töss, gestorben am 20. August 1925 in Zürich war ein Schweizer Heimatdichter. Er übte in seinen Werken, wie seinem Roman „An heiligen Wassern“, Kritik an der modernen Technik und am Fremdenverkehr. Allerdings bezieht sich seine Kritik auf das Übermaß dieser Erscheinungen, denen er den Wunsch nach der Erhaltung der Natur und der dörflichen Lebenskultur entgegensetzte.
„Das dauerte lange, lange Zeit. Die Menschen kamen auf die Welt und starben, niemand wußte mehr etwas anderes, als daß die heligen Wasser Jahr um Jahr Segen und Fruchtbarkeit spendeten. Unterdessen betrieben die Venediger den Bergbau, sie lebten üppig und in Freuden, das fröhliche Leben ging im Bären nie aus. Die von St. Peter wurden durch den Wein, den sie an den Bergen von Hospel pflanzten und den Knappen verkauften, sehr reich. Allein es kam die Zeit, wo die Bergleute alles Holz, das an den Thalseiten wuchs, für ihre Feuer abgeschlagen hatten, und wegen der Lawinen und Steinschläge wuchs das neue nur langsam nach. Der Holzmangel war groß. Der Wald der Wildleute aber, der so nahe am Schmelzwerk lag, stand in Schönheit und Pracht. Da boten die Venediger denen von St. Peter so viel lötiges Silber, als sie in sieben Wochen gewannen, wenn sie diesen Wald schlagen dürfen. Da man schon lange keinen Wildmann mehr gesehen hatte und die Leute glaubten, die Wildleute seien gestorben oder fortgewandert, so verkauften sie den Forst, der nicht ihnen gehörte, und die Venediger schlugen ihn. Manchmal, wenn die Bergknappen die Axt in einen der Bäume hackten, erscholl aber aus dem Wald ein Klagen, wie wenn Kinder weinen würden, und aus den Gebüschen hörte man das Geräusch der fliehenden Wildleute. Als die Knappen die Axt an die älteste Arve legten, überpurzelte der mächtige Baum, es klirrte, wie wenn im Boden eine Kette reißen würde, und ein Wildmannli, das erschreckt forteilte, rief:
›Untrü, Untrü, du machst großes Weh,
Jetzt hebt der Wald am Berg nit meh!‹
»Das war der letzte Wildmann.«“
Aus: An heiligen Wassern
Es träumt die Ietzte Sommersage
In buntverfärbten Waldeszweigen,
Spinnsilberfäden blauer Tage
Durchziehen ruhevoll das Schweigen:
Geschicke, die sich sonnig wiegen,
Erscheinen, leuchten und verfliegen.
Aus: Spinnweb
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