Sonntag, 4. Februar 2024

Aus dem Antiquariat: Akzente 5. Jahrgang 1958 bis 1961 - Lothar Klünner, Pro Domo

 



Aus dem Antiquariat - Akzente 5. Jahrgang 1958 bis 1961

Akzente ist eine Literaturzeitschrift, die 1953 von Walter Höllerer und Hans Bender gegründet wurde. Sie erscheint seit dem Februar 1954 im Carl Hanser Verlag, München, bis 2014 alle zwei Monate, seither vierteljährlich, mit dem Untertitel Zeitschrift für Dichtung, später Zeitschrift für Literatur. Schwerpunkte sind Lyrik und kurze Prosa.

1974 wurde Akzente 1. Jahrgang 1954 bis 20. Jahrgang 1973 in einer siebenbändigen Dünndruckausgabe (mit einem Gesamtinhaltsverzeichnis von Karl Rudolf Pigge) bei Zweitausendeins neu aufgelegt. Ich erinnere mich daran, dass diese Ausgabe in aller Vollständigkeit im Bücherregal einer Wohngemeinschaft, in der ich lebte, zu finden war. Ich blätterte gerne darin, besonders in den frühen Jahrgängen, und ich weiß noch, dass ich in einem diese etwas unhandlichen und durch den kleinen Druck schwer leslichen Bände, nur als ein Beispiel, das erste Mal auf Übersetzungen von japanischen Haiku gestoßen bin.

Doch auch sonst luden diese Bände zum Querlesen ein, und es war immer wieder etwas zu finden für mich dabei. Wie auch jetzt wieder, wo ich den fünften Jahrgang in den Händen halte. Ich blättere darin und werde immer wieder fündig, mir begegnen Namen von Schriftstellerinnen und Schriftstellern, die mir ohne dieses Kompendium ziemlich sicher kaum begegnet wären. Als ein Beispiel blieb ich bei diesem Werk hängen:

Pro Domo

Beuge dich, setz auf die Hand
locker den Regen des Herzens.
Tanze, ein Spektrum von Sonne und Laub
kühlt dir die trunkene Stirn.

Löse die Wünsche von Fron,
verpflichte die Kargheit des Leinens,
einzuhüllen den Zorn,
einzubehalten den Hauch.

Es fängt sich der Stern in den Knoten
eines einzigen farblosen Haars
jenseits von Goldgrund und Schlamm,
den Trutzgebärden des Blutes.

Folge nur diesem Duft.
Singbar wölbt sich dein Schritt
über den Herd in das Dunkel
einer geweissagten Brunst.

Dort ist die Mitte des Haders,
die Feier, die wahllos versehrt,
wie deine Hände entbanden
ein locker regnendes Herz.

Lothar Klünner

Geboren 1922 in Berlin, lebt dort als Schriftsteller, lautet die knappe Angabe zu diesem Autor. Wiki weiß wieder einmal mehr:

Lothar Klünner (* 3. April 1922 in Berlin; † 19. Oktober 2012 ebenda, alias Leo Kettler, Schriftsteller und Übersetzer literarischer Texte aus dem Französischen.

Lothar Klünner studierte Theologie, später Kunstgeschichte in Tübingen und Berlin. Schon in frühster Jugend schrieb er Gedichte. Seit 1946 übersetzte er v. a. René Char, Paul Éluard, Guillaume Apollinaire, Iwan Goll. Viele Übersetzungen entstehen in Zusammenarbeit mit dem Dichter Johannes Hübner.

Von 1948 bis 1949 war er Mitarbeiter an der Kulturzeitschrift Athena. Seine ersten Gedichten und Prosastücke wurden in der von K.O. Goetz herausgegebenen Kunst- und Literaturzeitschrift Meta veröffentlicht. Seit 1949 war er als freier Schriftsteller und Übersetzer in Berlin tätig. Lothar Klünner arbeitete 1949 bis 1950 an den ersten Berliner Nachkriegskabaretts der Badewanne in der Femina Bar mit (Badewanne, Rationsstrich und Quallenpeitsche). Bei einem Aufenthalt in Frankreich begegnete er 1951 René Char, mit dem er über Jahrzehnte freundschaftlich verbunden blieb. Seit 1955 verdiente er seinen Lebensunterhalt vor allem als Autor für den Rundfunk, vor allem für RIAS Berlin und SFB, für die er etwa 1000 kleine und große Rundfunksendungen produzierte. Nach einem ersten eigenen Gedichtband (Gläserne Ufer, 1957) folgte die Mitherausgeberschaft des Jahrbuchs Speichen (1968–1971), das in der Öffentlichkeit allerdings kaum wahrgenommen wurde. Nach dem Tod seines Freundes Johannes Hübner gab Klünner den Johannes Hübner-Gedenkband Im Spiegel und mehrere postume Ausgaben der Gedichte Hübners heraus. Die von Johannes Hübner begründete Jeanne-Mammen-Gesellschaft verdankt ihren Erfolg auch der Mitarbeit von Lothar Klünner.

Spätere Gedichtveröffentlichungen: Wagnis und Passion, Pfullingen: 1960; Windbrüche, Berlin: 1976; Gegenspur, Berlin: 1977; Befragte Lichtungen, Waldbrunn: 1985; Die Rattenleier. Schüttelreime, Berlin, Aphaia: 1989.

Lothar Klünner gehörte zu den wenigen deutschsprachigen Autoren, die sich bereits kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs an der Literatur der internationalen Moderne, insbesondere der französischsprachigen Literatur orientierten und die Erfahrungen des Surrealismus verarbeitet haben. Als Nachdichter und Übersetzer hatte er großen Anteil an der Verbreitung der Texte des Surrealismus im deutschsprachigen Raum. Zum "literarischen Establishment" bewahrte Klünner Distanz.

Nach der Publikation der Sammlung Stumme Muse submarin (1997), die eine Auswahl von Liebesgedichten aus fünf Jahrzehnten Dichtung enthält, veröffentlichte er weitere Lyrikbände, so den Band Geerdet mit Gedichten aus den Jahren 2000 bis 2005.

Das alles klingt für mich interessant genug, um mich näher mit diesem Autor zu beschäftigen. So hat sich schon jetzt das Stöbern gelohnt, und dabei habe ich doch gerade erst damit begonnen, in diesem Band zu lesen. . .


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