Samstag, 10. Dezember 2022

Ricarda Huch: Eine Melodie. . .


 

Aus: Neue Gedichte, Insel Verlag, Leipzig 1907

Ricarda Huch, geboren am 18. Juli 1864 in Braunschweig, gestorben am 17. November 1947 in Schönberg/Taunus, Schriftstellerin, Historikerin, Philosophin

Ich war ein geborener Protestant mit einer Vorliebe für Revolutionen und Rebellionen ... Das Wort Freiheit war das Zauberwort, das mein Herz schrankenlos öffnete.“

Ricarda Huch promovierte 1892 als eine der ersten deutschen Frauen an der Universität Zürich im Fach Geschichte. Danach arbeitete sie als Bibliothekarin und als Lehrerin in Zürich und Bremen, aber:

»Ich wollte vor allen Dingen leben und erleben, und darin schien mich die Schule zu hemmen. Es war mir zumute, als sei ich in eine Meeresstille geraten. Da war nichts mehr zu begehren, zu erkämpfen, zu wagen ...«

»Die hingebende Liebe der Frauen zu den Männern ist offenbar das Verbrechen der Frau, das an ihr heimgesucht wird ...«

Sie wagt den Sprung in ein materiell nicht abgesichertes Leben. 1893 erscheint ihr erster großer Roman Erinnerungen von Ludolf Ursleu dem Jüngeren, in dem sie eine unglückselige Liebesbeziehung zu ihrem mit ihrer Schwester verheirateten Vetter Richard Huch verarbeitet. Nach ihrer Scheidung von dem italienischen Zahnarzt Ermanno Ceconi – aus dieser Ehe stammt ihre Tochter, mit deren Familie Ricarda Huch bis zu ihrem Tod zusammenlebt – heiratet sie Richard, aber diese über Jahrzehnte ersehnte Ehe scheitert schon nach drei Jahren. In der Zeit großer persönlicher Krisen erobert sich Ricarda Huch eine Domäne der Männer, die Geschichtsschreibung. Nach ihrer Arbeit über die Romantik wendet sie sich dem zu, was sie schon in ihrer Jugend begeistert hatte, den Revolutionen und Rebellionen. Sie schreibt über Garibaldi, Bakunin, Freiherr vom Stein, Luther und Lassalle; es erscheinen die großen Werke über die Revolutionen von 1848 und den Dreißigjährigen Krieg.

Als erste Frau wird Huch 1930 in die Preußische Akademie der Künste aufgenommen, aber schon 1933 erklärt sie ihren Austritt wegen des Ausschlusses jüdischer oder politisch unliebsamer Mitglieder. Die ersten zwei Bände ihrer Deutschen Geschichte können noch in Deutschland erscheinen, der dritte Band wird nicht mehr veröffentlicht. Ricarda Huchs letztes Werk ist unvollendet geblieben – auch das ein Buch über Freiheit und Rebellion: Porträts von Widerstandskämpfern.

Brigitte Warkus (1944 - 2005) Text von 1989, geschrieben anlässlich des 125. Geburtstages, auf der Seite FemBio


Das Bild ist von Edvard Munch (1863 - 1944)


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