Dienstag, 16. Dezember 2025

Wolfgang Hellmert: Spät

 



Spät

Dies Land das einmal Meer war
Wird wieder einmal Meer sein.
Dies Herz das leicht und schwer war
Wird ausruhn und wird leer sein.
Die Sagen werden sterben.
Kein Mythenregen geht
Bis auf den letzten Erben
Im letzten Schein des Spät.

Die Heimat das Uralte
Zieht Hirt und Herde ein -
Bitt: dass es ihrer walte,
Dass sie geborgen sein,
Bis was auch dann auch hehr ist
Und niedrig west nicht mehr,
Bis dass all Land das Meer frisst,
Bis noch verebbt das Meer.

Wolfgang Hellmert, aus: Monatsblätter, Kulturbund deutscher Juden, 2. Jahrgang Nr. 7, Juli 1934

Aus der gleichen Ausgabe: „28jährig starb im Ausland Wolfgang Hellmert, der eigentlich Adolf Cohn hieß und aus Berlin stammte. Er war in jener `Anthologie jüngster Lyrik“ hervorgetreten, die im Verlage Enoch, Hamburg, erschienen ist. Aus einer Fülle unvollendeter Arbeit hat der Tod ihn gerissen“

Wolfgang Hellmert, geboren als Adolf Kohn am 15. August 1906 in Berlin; gestorben am 24. Mai 1934 in Paris im Exil.

Ab 1926/1927 gehörte er zum Freundeskreis von Klaus Mann, zusammen mit Herbert Schlüter, Willi Fehse, Annemarie Schwarzenbach und René König. Ab 1928 gehörte er zum Autorenkreis des Hamburger Rundfunksenders NORAG. Ende März 1933 musste er aus Deutschland emigrieren und ging nach Paris. Dort starb er 1934 durch Selbstmord mit einer Überdosis Morphium im Alter von 27 Jahren.

Das Bild „Mönch am Meer“ ist von Caspar David Friedrich (1774 - 1840)

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