Samstag, 30. März 2019

Ludwig Fulda: Wenn / Nachtbild




Wenn

Ja, hätte mir von Anbeginn
So manches nicht gefehlt,
Und hätt´ ich nur mit anderm Sinn
Den andern Weg gewählt,
Und hätt´ ich auf dem rechten Pfad
Die rechte Hilf´ empfahn
Und so stattdessen, was ich tat,
Das Gegenteil getan,
Und hätt´ ich vieles nicht gemußt
Auf höheres Geheiß
Und nur die Hälft´ vorher gewußt
Von dem, was heut´ ich weiß,
Und hätt` ich ernstlich nur gewollt,
Ja, wollt´ ich nur noch jetzt,
Und wäre mir das Glück so hold
Wie manchem, der´s nicht schätzt,
Und hätt´ ich zehnmal soviel Geld
Und könnt´, was ich nicht kann,
Und käm´ noch einmal auf die Welt. -
Ja, dann!


Nachtbild

Längst wiegte schon die Nacht gelinde
In sanften Schlummer Wald und Flur;
Das leise Atmen nur der Winde
Verrät entschlafnen Lebens Spur.

Die Blumen blinzeln in die Ferne
In zarter Träume Zauberbann
Und schaun die funkelnd hellen Sterne
Als holde Himmelsschwestern an.

Ludwig Fulda, geboren am 15. Juli 1862 in Frankfurt am Main; gestorben am 30. März 1939 in Berlin durch Freitod.

Noch zu seinem seinem 70. Geburtstag im Sommer 1932 verlieh ihm Reichspräsident Paul von Hindenburg die Goethe-Medaille für Kunst und Wissenschaft. Weitere in- und ausländische Ehrungen folgten, zum Beispiel im April 1933 der Burgtheater-Ring. Am 8. Mai 1933 wurde er als Jude aus der Sektion für Dichtkunst der Preußischen Akademie der Künste ausgeschlossen und 1935 mit Publikationsverbot belegt.

1937 kehrte er von einem Besuch bei seinem im Jahr zuvor in die USA ausgewanderten Sohn Karl Hermann nach Deutschland zurück, was sich als fataler Fehler herausstellen sollte. Fulda bemühte sich dann lange um ein Ausreisevisum, erhielt jedoch keine Aufenthaltserlaubnis für die USA. Er nahm sich im Alter von 76 Jahren in Berlin das Leben.

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