Der Wind schlägt unsre Schläfen,
Belebter pocht der Puls.
O gäb ein Gott, wir träfen
Nicht Meier mehr noch Schulz.
Wir heben unsre Hände
in betender Begier
Wie Hoffende, uns fände
Nichts Preußisches mehr hier.
Wir fliehn zu freiern Fernen,
Deutschland, fahr ewig wohl.
Wir fliehen, fliehn Kasernen,
Skattische, Bier und Kohl.
Das Fleisch von fetten Frauen,
Wir retten uns ins Frei.
Und wo wir landen, bauen
Wir unsre Sakristei.
Die Anker hebt, die Anker!
Europa, seht, verbleicht.
Im Osten blüht ein blanker
Stern, und die Erde weicht.
Bruno Quandt, der am 25. April 1887 in Düsseldorf zur Welt kommt, besucht zunächst das Gymnasium in München-Gladbach. Nach der Reifeprüfung 1908 führt er ein unstetes Studentenleben, das ihn zunächst für drei Semester nach Marburg und Freiburg verschlägt, wo er Jura studiert. Das offenbar unbehagliche Studienfach wechselt er bald, studiert bis Ende 1914 – ohne einen Abschluss zu erlangen – nunmehr Neuere Sprachen in Freiburg, München, Straßburg, Halle, Leipzig und Münster. 1913 veröffentlicht er eine erste Novelle in dem patriotischen „Deutschen Studentenbuch 1913“ sowie Gedichte in der Anthologie rheinischer Lyriker „Fanale“. Ebenfalls 1913 erscheinen zwei Lyrikbände von ihm, die heute so gut wie unauffindbar sind: „Erze im Feuer“ und „Ohne Narkose. Ein Martyrium in Gedichten“. Die wenigen Rezensenten, die sich der Bände annehmen, sind in ihrer Meinung über die Qualität des Dichters uneins. Man hält ihn sowohl für einen „Dichter allerersten Ranges, der sich Georg Heym und Klabund ebenbürtig anschließt“, als auch für einen, dessen Gedichte technisch zumeist „unausgereift“, ja sogar „ungekonnt“ sind. 1914 erscheinen noch einige wenige Beiträge von ihm in der Zeitschrift „Die Gesellschaft“, dann verliert sich seine Spur.
Bruno Quandt stirbt am 18. Februar 1918, gerade einmal 30-jährig, in einem Krankenhaus in München-Gladbach. Ob auch er ein Opfer des Weltenbrandes wurde, ist nicht gewiß, aber doch wahrscheinlich.
Klappentext Heft 26 Versensporn
Das 26. Heft des VERSENSPORN, welches im Dezember 2016 erschien, bietet mit insgesamt 48 Gedichten einen Querschnitt durch das schmale lyrische Schaffen dieses vergessenen Dichters, das getragen ist von unbedingter Unbürgerlichkeit, brutalem Erleben und schmerzlicher Ekstase.
Das Bild ist ein Holzschnitt nach einer Zeichnung von Johannes Gehrts (1855 - 1921)
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