Sonntag, 9. April 2023

Elsa Asenijeff: Lasst die Bäume noch glücklich sein!

 



Lasst die Bäume noch glücklich sein!

Brecht nicht herein!
Lasst die Bäume noch glücklich sein!
Sie atmen, sesshaft in den Boden gestellt,
Eine reine, klare, sittliche Welt!
Nur wie ein Traum weht ihr Sehnen,
Hinüber und herüber
Aus tiefster Säfte getragener Traumesfieber!
Alle Jahre! alle Jahre werden sie wieder
Frisch! Voll Frühlingsbegeisterung!
Und tausend Jahre sehen sie wieder jung!
Alljährlich im frischen Knospensprung!
So wachsen sie hinein in Ätherbläue
Ohne Schuld und ohne Reue – – –
Laßt die Bäume noch glücklich sein!
Schöpfungsatmend! Lebensfeiernd! Menschenallein!

Elsa Asenijeff, geboren am 3. Januar 1867 in Wien, gestorben am 5. April 1941 in der „Korrektionsanstalt für asoziale und arbeitsunwillige Erwachsene“ in Bräunsdorf, in die sie von den Nationalsozialisten „verbracht“ wurde, der Aktenlage nach an Lungenentzündung.

Einem zweijährigen Aufenthalt in der Heilanstalt Leipzig-Dösen, folgte 1926 die Überstellung nach Hubertusburg und schließlich als „nicht gemeingefährlich“ in das Versorgungshaus Colditz. 1933 siedelten die Nationalsozialisten diese Einrichtung als „Korrektionsanstalt für asoziale und arbeitsunwillige Erwachsene“ nach Bräunsdorf bei Freiberg um.

Aus dieser Zeit, von ihr datiert 1938, stammt ein Manuskript mit über 200 Gedichten mit dem Titel „Bilanz der Moderne“. Diese Gedichte, inzwischen veröffentlicht, und auch Krankenakten belegen, dass sie nicht geisteskrank war. Bräunsdorf war auch keine Anstalt für Geisteskranke.

1922 meldet sie sich mit dem Buch "Aufschrei - Gedichte in freien Rhythmen" zu Wort: "Wie rett ich Dich, o Welt, vom Menschen;/ ohne ihn zu vernichten!/…./Wie halt ich Milliarden Hände!/ Die sich schändend an Dir vergehen/…/Welch ein Mund,/Ihnen zu verkünden: Das Paradies hat euch geboren,/Und die Hölle habt Ihr geboren!/ Laßt noch Sterne über ihren Dünsten leuchten,/Hell brennende Gold- und Edelsteine als Grund,/Blütenüberschütteter Boden dazwischen…." Sie appellierte an alle, sich für das Leben und den Fortbestand der Erde verantwortlich zu fühlen.

Von 1898 bis 1916 war sie Muse und Geliebte des Malers und Bildhauers Max Klinger (1857 - 1920), der sie häufig malte.

Das Bild „Stamm und Äste im Frühjahr“ (1930) ist von Leon Spillaert (1881 - 1946)

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