Sonntag, 12. Februar 2017

Josefa Metz: Dichterliebe / Mein Lieben




Dichterliebe

Die Novelle, in der Du geschildert hast
Wie unsre Liebe gescheitert,
(Ein Meisterwerk der Erfindungskunst)
Hat mich unendlich erheitert.

Ich lachte oft laut, trotzdem darin
Ströme vergossener Tränen,
Kläglicher Jammer, endloses Leid,
Wirklich hochtragische Szenen.

Und als ich las, wie Dir ohne mich
Qualvoll die Tage verflossen,
Hätt' ich aus Mitleid mit Dir beinah
Die bittersten Tränen vergossen. -

Daß über unsre Liebe Du
Verbreitest so rührende Mythen  -
Mein Gott, das ist dichterische Lizenz,
Und ich kann es Dir nicht verbieten.

Ich kann nur, wenn ich Dein Meisterwerk
Im Stillen mir betrachte,
So recht empfinden, wie grenzenlos,
Wie unsäglich ich Dich verachte.

Und ich fühle eine brennende Scham
Darüber, daß einst wir uns fanden,
Und daß ich es bin, die Dir dazu
Mit der Seele Modell gestanden.



Mein Lieben

Mein Lieben war kein wildes Ansich-Drücken,
Kein sturmbewegtes, tolles Weltbeglücken.
Kein herrisch Fordern und kein trotzig Wagen,
Kein starkes Bannen und in Fesseln schlagen. -

Ein Hand in Hand, ein See!' in Seele schmiegen,
Ein Kampf, entbehrend, glückliches Besiegen. - -
Und was mir blieb von meines Glückes Stunde?
Ein stilles Herz mit still-verborg'ner Wunde.

Weites Wiesenland, von Wald umsäumt,
Bunt durchwoben, golden übersonnt;
Eine blasse Hügelkette träumt
Müde hingedehnt am Horizont.

Und die Stunde: Voll erblühter Tag
Zwischen Morgenlicht und Mittagsglut,
Tief und still, nur leis wie Uhrenschlag
Pocht der Specht nach Nahrung für die Brut.

Tief und still, versunken Lärm und Leid.
Nur wir zwei zu träumerischer Rast
Hingebettet in die Einsamkeit,
Reich umkränzt von buntem Sommerglast. -

Bliebe doch im weiten Weltenraum
Diese Stunde uns für immer stehn! ...
Ach, sie wird, ein schöner, stiller Traum,
Unaufhaltsam in den Abend gehn. -





Josefa Metz, geboren am 19. 10. 1871 in Minden, war Dichterin und Schriftstellerin. Aufgrund ihrer Herkunft, ihr Vater war ein jüdischer Rechtsanwalt, wurde sie 1935 beim Reichsverband Deutscher Schriftsteller nicht aufgenommen und konnte nur noch innerhalb des Kulturbundes Deutscher Juden veröffentlichen. 1941 wurde sie in das Ghetto Theresienstadt deportiert, wo sie am 13. 2. 1943 aufgrund der unmenschlichen Bedingungen dort verstarb.




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