Wohin?
Versponnen schweigt die Dämmrung überm Walde.
Wir wollen heimgehn, sieh, der Tag erlischt!
Den dünnen Pfad auf grenzenloser Halde
hat schon das Dunkel da und dort verwischt.
Wir wollen heimgehn, Tau benetzt die Zweige
und Kühle schauert um das dürre Gras.
Die Stille tönt wie eine ferne Geige,
der nahe Abendhimmel schimmert blass.
Ein zartes Raunen, ach ein süß Verlocken
umschwebt die Fernen, die noch matt erglühn.
Bald kommt die Nacht, schon läuten ihre Glocken.
Wir wollen heimgehn, Liebste, ach wohin? - -
Aus: David Goldfeld, Der Brunnen Gedichte, Herausgegeben und mit einem Nachwort
von Helmut Braun, Rimbaud Verlagsgesellschaft mbH Aachen 2010
David Goldfeld, geboren am 14. Mai 1904 in Czernowitz (Österreich-Ungarn, heute Ukraine), gestorben am 08. Mai 1942 in Czernowitz (Rumänien). Sohn eines Kantors, wuchs in Czernowitz auf, verbrachte während des Ersten Weltkriegs einige Jahre in Böhmen und absolvierte nach der Rückkehr in seine Geburtsstadt das Gymnasium. Infolge einer frühzeitig ausgebrochenen Lungenkrankheit konnte er, ein hochbegabter Tenor, das Konservatorium nicht besuchen und war in Czernowitz und zeitweilig Bukarest als Beamter tätig. Freundschaftliche Beziehungen verbanden ihn mit Alfred Margul-Sperber, Alfred Kittner und Rose Ausländer, die ihm zwei Gedichte widmete.
Das Bild ist von Harald Sohlberg (1869 - 1935)
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