Nacht im Garten
Schön ist es wohl,
wenn über dem blühenden Dill
Segler ihre gestreiften Flüge ziehen,
aber tiefer zittert das Geheimnis,
wenn seine funkelnden Kreise hinflutet
zärtliches Gestirn der Liebenden
über Nachtschatten und Jasmin.
Sieh, schon zog sie herauf,
die glühende Dämmerung.
Ängstlicher schmiegst du
an den Geliebten dich an,
aufblickend mit verdunkelten Augen
in das wolkenlose Tal.
Hingezogen in schimmernde Welle
weckt dir der Hauch des Windes
Erinnerung an Gärten der Kindheit.
Wie fern dies alles, fern und hingespült
mit unsichtbaren Händen aus dem Herzen.
Freundlicher wird schon der Abend,
später Sonne errötender Hauch
führt dem Liebenden schreibende Finger.
Aus: Felix Grafe, Dichtungen, Herausgegeben und eingeleitet von Joseph Strelka
Bergland Verlag Wien 1961
Felix Grafe, geboren 9. Juli 1888 in Humpolec, Österreich-Ungarn; gestorben 18. Dezember 1942 in Wien; eigentlich Felix Löwy, Lyriker und Übersetzer.
Seine ersten Gedichte erschienen 1908 in der Zeitschrift Die Fackel von Karl Kraus. Neben eigenen Dichtungen schuf Grafe Übersetzungen und Nachdichtungen aus dem Englischen und Französischen von William Shakespeare, Oscar Wilde oder Charles Baudelaire. Daneben begründete Felix Grafe die Zeitschrift Anbruch.
Nach dem Ersten Weltkrieg lebte Grafe, wie auch sein Bruder, in Wien. Hier wurde ihm 1941 ein antifaschistisches Gedicht zum Verhängnis, das er für die illegale kommunistische Zeitschrift Hammer und Sichel verfasst hatte. Er wurde im Juli verhaftet und schließlich am 18. Dezember 1942 wegen Zersetzung der Wehrkraft und Vorbereitung zum Hochverrat im Landesgericht Wien in der Landesgerichtsstraße 11 hingerichtet.
Das Bild ist von Claude Monet (1840 - 1926)
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