An meine Frau
Mögest du mir´s nicht verargen,
Was du hast, verlierst du nicht.
Sieh, die Liebe kann nicht kargen,
Sie ist Fülle, keine Pflicht.
Meiner Jugendjahre Gabe,
Meine ganze Leidenschaft,
Was ich je gegeben habe,
Geb´ ich noch mit ganzer Kraft.
Kamst mit deinen Jugendjahren,
Gabst dein ganzes Herz mir hin,
Und ich hab´ es oft erfahren,
Dass du meine Trösterin.
Mit einander, an einander
Tragen menschlich wir das Leid
Treu verbunden, auch selbander
Stunden wir in manchen Streit.
Was uns trennt kann uns nicht scheiden. . .
Gustav Landauer, aus seinem Tagebuch, 6. März 1899, VbR Unipress, Göttingen 2017.
Gustav Landauer, geboren am 7. April 1870 in Karlsruhe; gestorben am 2. Mai 1919 in München-Stadelheim, Schriftsteller, Übersetzer, Anarchist, sein wichtigster Einfluss war Peter Kropotkin.
Als Pazifist kritisierte er den Ersten Weltkrieg scharf. Während der Novemberrevolution 1918/19 und unmittelbar danach war er an einflussreicher Stelle an der Münchner Räterepublik vom 7. bis zum 13. April 1919 beteiligt. Nach deren gewaltsamer Niederschlagung wurde er von antirepublikanischen Freikorps-Soldaten in der Haft ermordet.
Das Portrait von ihm ist von Julie Wolfthorn, die 1864 geborene Malerin wurde am 29. Dezember 1944 im KZ Theresienstadt ermordet.
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