Mittwoch, 13. September 2023

Hugo Ball: Die roten Himmel

 



Die roten Himmel

Die roten Himmel, mimulli mamei,
Gehen im Magenkrampf mitten entzwei.
Die roten Himmel fallen in den See,
Mimulli mamei, und haben Magenweh.

Die blauen Katzen, fofolli mamei,
An einem rotzackigen Wellblech kratzen.
O lalalo lalalo lalala!
Da ist auch die schnurrende Tante da.

Die schnurrende Tante hebt aus Schnee
Ihre trällernden Hosen und Röcke in d'Höh.
O lalalo lalalo lalalo!
Da sagte der Flötenbock: »Sowieso.«

Die tönerne Taube fällt vom Dach.
Der doppelte Johann springt ihr nach.
O lalalo und mimulli mamei!
Auf eisernen Geigen kratzen zwei.

Das Pferd und der Esel schauten schief
Auf den Schneehahn, der aus der Tiefe rief
Die blaue Tuba krachte sich eins –
Da sangen sie alle das Einmaleins.

O lalalo lalalo lalalo,
Der Kopf ist aus Glas und die Hände aus Stroh.
O lalalo lalalo lalalo!
Zinnoberzack, Zeter und Mordio!

Die „Regieanweisung“ zu diesem Gedicht: Landschaftsbild aus dem oberen Inferno. Ein Konzert heilloser Geräusche, das selbst die Tiere in Erstaunen setzt. Die Tiere treten zum Teil als Musikanten (sogenannte Katzenmusik), zum Teil in ausgestopftem Zustand und als Staffage auf. Die Tanten aus der siebenten Dimension beteiligen sich in obszöner Weise am Hexensabbat.

Hugo Ball, aus: Tenderenda der Phantast, Roman, Arche, Zürich 1967

Hugo Ball, geboren am 22. Februar 1886 in Pirmasens; gestorben am 14. September 1927 in Sant’Abbondio-Gentilino (Schweiz), unter anderem Mitbegründer des legendären Cabaret Voltaire 1916 in Zürich, der Geburtsstätte des DADA.

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