Sonntag, 10. Dezember 2023

Hans Kaltneker: Aufblick

 



Aufblick

In irgend einem fernen Forste schlagen
sie für den Winter Holz — horch, Scheit um Scheit!
Nicht "uns'ren" Winter. Deinen — meinen. Weit
ist's, wo du einkehrst, nie werd' ich's erfragen.

Du hast ein Heim, du lebst in stiller Zeit,
du fandest Hände, die dich gütig tragen. —
Ich werde dich den leeren Wänden sagen,
ich bin dem Dunkel und dem Frost bereit.

Gut war der Sommer! Gut ist alles Leben!
Ich ahne deine Hände aus dem Blau
- zwei große, stille Falter - niederschweben -

nie ward'st du alle Welt, geliebte Frau!
Es blieb nur Du - - ! Noch ein paar Sommertage
halt aus, mein Herz! Sei selig, — weine, — trage - - !

Hans Kaltneker (eigentlich Hans Kaltnecker von Wallkampf), geboren am 2. Februar 1895 in Temesvár, Königreich Ungarn, Österreich-Ungarn; gestorben am 29. September 1919

in Gutenstein (Niederösterreich), Dramatiker, Lyriker und Erzähler. Er war einer der Hauptvertreter des österreichischen Expressionismus, er verstarb früh an Tuberkulose. Felix Salten nannte ihn „eine Flamme, die leuchtend und hoch aufloderte, und plötzlich erlosch, vom ewigen Dunkel verschlungen.“

Das Bild ist von Carl Friedrich Wilhelm Trauschhold (1815 - 1877)

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