Ich bette dich in traumestiefe ruh,
Trägst du noch Gram nach schnell vergilbtem ruhme?
Ich liebe dich und neige mich dir zu -
Es bleibt das wissen um die blaue blume.
Bist du madonna oder bist du fee?
Du kommst gehüllt in weissen lichtes falten.
Ich sterbe gern es schmilzt das harte weh,
Du magst nun frei mit meiner seele schalten.
Von hellen sternen scheinst du hergerauscht
Ich höre lichtes freie fluten rauschen.
Und wie ich einst der seelen klang gelauscht,
So will ich deinem sphärenklange lauschen.
Ich bette dich in traumestiefe ruh.
Geh ein mein freund zum alten heiligtume.
Dort flüstert und dort raunet man dir zu
Ein neues wissen um die blaue blume.
Vor einem Frauenbildnis des Donatello
Ich fand dich unter hohem baldachine
Ich fragte dich mit der erwartung auge
Und las die antwort in der leidensmiene,
als ob mein sehnen deinem blick nicht tauge.
Ich sprach vom lichte und ich sprach von auen,
Vom stillen duft im nie betretnen thale,
Vom heilgen glanze der entspringt dem blauen
Dem lichten ewgen unentweihten grale.
Was willst du thörin länger mit mir streiten?
Du sollst das schloss mit seinen zinnen schaun.
Komm in den garten heller kostbarkeiten,
Tritt in den reigen der geweihten fraun.
Und wenn im stummen spiel das abendrot
Zum letzten mal dein auge lenkt zur sonne
Wird offenbar was nie sich dir erbot:
Der welten ziel und des erlösers wonne.
Sehnen des Südens
Lachend vergass ich der weisheit schätze
Leiden und träume erfüllten den sinn.
Wob um die welt einst demantene netze,
Träume zu seligen ufern jetzt hin.
Schaue in blüten ein ewiges walten,
Folge dem gott auf verbotener spur.
Wenn dann die wogen gelinde erkalten,
Zieht mich mein schwan auf der wogenden flur.
Heilige frauen auf heiliger reise,
Traurige lieder traurig und hehr!
Neige mein haupt und lache ich leise.
Wie lacht es sich leise am dunkelnden meer!
Blumen vom Tode
I
Wie die seelen ineinander glühen
Wenn die töne deiner hand entrauschen
Wie die bunten blumen still erblühen
Wenn wir leise dunkle worte tauschen!
Nimm den dingen ihre kostbarkeiten!
Flicht die welten zum verwegnen kranz
Und beim spiele dunkler traurigkeiten
Locke seelen zu dem letzten tanz!
Neige dann in reinheit dich mir nieder
Raune das geheimnis leis mir zu
Und ich küsse deine müden lider
Berge dich in traumestiefer ruh.
II
Ich kann nicht lieben ich kann nur sehnen
Denn ich bin krank und bin auch so müde
Ich kann nur traurig am fenster noch lehnen
Zu schaun wann der traum mich zur hochzeit wol lüde
Gebt mir den erben nah meiner seele
Er wird mich bannen soll mich verstehn
Gebt mir die Jungfrau rein ohne fehle
Dass ich beseligt zum schlummer kann gehen
Auf einer wiese wo blüten entspriessen
Gönnt mir ein frohes ein schmerzloses glück
Darf ich des heilandes blick noch geniessen
Ruft mich die jungfrau zum schlummer zurück.
Aus dem Nachlass
Ach wie schmeichelt heut der süd so lind!
Das geheimnis ob es doch noch bliebe?
Ach die leiden die geblieben sind
Schaffen sie zum trost verklärte liebe?
- - -
Ich gehe heim zum winterlichen pfad
Ich soll die blumen nicht schaun die süßen.
Und wenn einst keimt die holde frühlingssaat -
Du darfst die lichten blüten von mir grüßen.
Richard Perls (Geboren am 6. Januar 1873 in Gleiwitz; gestorben am 24. November 1898 in München), der früh verstorbene Dichter gehörte zum George-Kreis.
Ich bette dich in traumestiefe ruh. . . aus: Blätter für die Kunst, Band 5 / 1895
Sehnen des Südens, aus: Blätter für die Kunst, Band 1 / 1896
Blumen vom Tode, aus: Blätter für die Kunst, Band 3 / 1896
Ach wie schmeichelt heut der süd so lind!. . . ; Ich gehe heim zum winterlichen pfad. . . , Aus dem Nachlass, Blätter für die Kunst, Band 3 / 1899
Das Bild ist von Odilon Redon (1840 – 1916)
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