Sonntag, 12. November 2023

Georg Trakl: Ein Herbstabend

 



Ein Herbstabend

An Karl Röck

Das braune Dorf. Ein Dunkles zeigt im Schreiten
Sich oft an Mauern, die im Herbste stehn,
Gestalten: Mann wie Weib, Verstorbene gehn
In kühlen Stoben jener Bett bereiten.

Hier spielen Knaben. Schwere Schatten breiten
Sich über braune Jauche. Mägde gehn
Durch feuchte Bläue und bisweilen sehn
Aus Augen sie, erfüllt von Nachtgeläuten.

Für Einsames ist eine Schenke da;
Das säumt geduldig unter dunklen Bogen,
Von goldenem Tabaksgewölk umzogen.

Doch immer ist das Eigne schwarz und nah.
Der Trunkne sinnt im Schatten alter Bogen
Den wilden Vögeln nach, die ferngezogen.

Georg Trakl, aus: Gedichte (Der jüngste Tag Band 7/8) Sammlung, K. Wolff Leipzig Juli 1913

Karl Röck, dem das Gedicht gewidmet ist, war Mitarbeiter der Zeitschrift "Der Brenner" in Innsbruck. Er war mit Trakl freundschaftlich, aber auch kritisch verbunden.

Georg Trakl, geboren am 3. Februar 1887 in Salzburg geboren, gestorben am 3. November 1914 starb. Trakl wurde als Militärapotheker einberufen und begab sich angesichts der Gräuel, welcher er an der Front teilhaftig wurde, in den Freitod.

Das Bild „Pappelallee im Herbst“ ist von Vincent van Gogh (1853 - 1890)

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