Donnerstag, 2. Februar 2023

Ilse Frapan: Was ist mir nur geschehen. . .

 


Was ist mir nur geschehen,
Daß ich so glücklich bin?
Noch gestern schritt wie träumend
Ich meines Wegs dahin.
Noch gestern lag ein Nebel
Auf Wasser, Wald und Feld, -
Wie bist du nur verwandelt,
Wie anders heut', o Welt!

Kein Reif mehr auf den Wiesen,
Kein Raum für Frost und Leid,
Und kein Gefühl im Herzen
Als lauter Freudigkeit.
Es hebt mich zu den Wolken,
Es webt um mich wie Duft;
Es tönt mir, wo ich schreite,
Wie Grüßen aus der Luft.

Hat sich ein neuer Frühling
Auch in mein Herz gesenkt?
Ist's einer Knospe Treiben,
Die sich zum Lichte drängt?
War mir ein Engel nahe?
Ich staune, frag' und sinn':
Was ist mir nur geschehen,
Daß ich so glücklich bin?

Aus: Gedichte von Ilse Frapan, Berlin Verlag von Gebrüder Paetel 1891

Ilse Frapan, eigentlich Elise Therese Levien, ab 1901 Ilse Frapan-Akunian, (geboren am 3. Februar 1849 in Hamburg; gestorben am 2. Dezember 1908 in Genf, Schweiz) war eine deutsche Schriftstellerin, zu ihrer Zeit vor allem als Autorin von zahlreichen Bänden „Hamburger Novellen“ bekannt. Sie schrieb aber auch Romane zur zeitgenössischen Frauenfrage. Die von ihr bevorzugten Figuren sind lebenslustige, starke Menschen und befinden sich nur selten in der Opferrolle.

Ilse Frapan engagierte sich für die durch die Türken unterdrückten Armenier und unterstützte den armenischen Lehrer Iwan Akunoff finanziell durch verstärkte literarische und literaturkritische Arbeiten. Unheilbar krank (Magenkrebs) ließ Ilse Frapan sich 1908 von ihrer Freundin Emma Mandelbaum erschießen, die nach der Tat gleichfalls aus dem Leben schied. Beide wurden am 5. Dezember 1908 auf dem Genfer Friedhof Saint-Georges gemeinsam beigesetzt. (Wiki)

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