Montag, 27. März 2023

Edlef Köppen: Frühling 1928

 



Frühling 1928

Gehen nun, lang, oh wie lang, in den lauen Gefild eines Abends,
Häuser bauend aus Schweigen und ein wenig Gesang.
Einsam sind noch die Vögel in den kahlen Geästen der Bäume,
schreckhaft fast deutlich, verwandt meinem Herz.
Vertraut wie ein Kleid hüllt mich jetzt diese Wärme,
in der ich singenden Mundes gehe, heimwärts ...
Gib nun den Schlaf, diesen Herbst meinen Augen, betet der Mund. –
Doch ich wache im Zimmer, dort auch im Spiegel, rufe, bin stumm.
Weit reicht mein Herz hinaus in den Abend.
Und immer, immer diese Amseln rufend vor dem Fenster ...

Edlef Köppen, geboren am 1. März 1893 in Genthin, war ein deutscher Schriftsteller und Rundfunkredakteur. Auch er trat, wie so viele seiner Generation, 1914 als Kriegsfreiwilliger in die Armee ein. Er diente als Artillerist und kam im Oktober 1918, von den Kriegserlebnisssen traumatisiert und desillusioniert, nach Hause. Die Erlebnisse verarbeitete er später in seinem großen Roman Heeresbericht. Köppen vertrat seitdem pazifistische Positionen.

Nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten, wurde Köppen als Leiter der Funk-Stunde Berlin abgesetzt. Sein Weltkriegsroman fiel der Bücherverbrennung 1933 in Deutschland zum Opfer. 1935 wurde der Roman verboten.

Edlef Köppen starb am 21. 2. 1939 in einem Lungensanatorium in Gießen an den Spätfolgen seiner Kriegsverletzung.

Die Illustration ist eine Radierung, „Die Amsel“, (1899) von Heinrich Vogeler (1872 - 1942)

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