Mittwoch, 22. März 2023

Jomar (John) Förste: Nacht / Der Abenteurer

 



Nacht

Der Erde Leib erzittert wie ein Tier.
Nacht kauert fremd und Einer stöhnt im Schlaf.
Rötlich umrändert schwanken der Gestirne Zeichen,
Die gelben Tode: Heulender Granaten
Heißblaue Zungen, flammend in die Weite. -
Ein totes Pferd schwimmt quellend im Getreide.
Maisfelder dunkeln jäh: Aus trüben Labyrinthen
Brechen der Tode düstere Schattenspuren.

Jomar (John) Förste, aus: Die Aktion 1915

Der Abenteurer


In den Dämmerungen meiner nachtgetränkten Seele
Schlingern Wachsgebilde, die sich schlafend tasten.
Der Hypnose einer Seligkeit erliegen - - -
D-Zug-artig strömt mein weites Leben.
Nächte sickern lautlos unter Palmen;
Südlich rinnt es heiß um lichte Ströme,
Raja lächelt Gold: - Ich aber stehle
Nacht um Nacht im Flackern grüner Tische
Der Roulette Glanz mit kranken Lidern.
- Meine Nerven - Aderhände glätten leise
wie ein letztes, hoffnungsloses Spielen,
Frauenblüten weich in Tand und Seide.

Jomar (John) Förste, aus Die Aktion 1915

John Förste: Geboren am 26. Januar 1889 in Mainz als Joseph Förste. Besuch der Fachschule für Architektur an der Kunstgewerbeschule Mainz und der Großherzoglich Hessischen Baugewerk- und Gewerbeschule Bingen. 1911 ein Jahr Maurerpraktikant bei Prof. Peter Behrens, dann bei Prof. Bruno Paul am Kunstgewerbemuseum Berlin als Architekt tätig. 1914 bis 1919 Veröffentlichungen in den Zeitschriften Die Aktion, Jugend, Menschen sowie in der Anthologie 1914–1916 und im Aktionsbuch unter dem Namen Jomar Förste, der Ausdruck seiner Rilke-Verehrung ist. Beteiligt an der Gründung der nachrevolutionären DADA-Zeitschrift „Jedermann sein eigner Fußball“ sowie an der von George Grosz und John Heartfield herausgegebenen Zeitschrift Die Pleite. Veröffentlichungen unter anderem in Die Pleite, der satirischen Arbeiterzeitung Der Knüppel sowie in den Unterhaltungsblättern Jugend, Simplicissimus und Ulk als John Förste. Fortschreiten einer Lungentuberkulose, die zahlreiche Krankenhausaufenthalte nach sich zieht. Bittere Armut und große Not. Am 21. März 1941 stirbt Joseph Förste im Dr.-Heim-Hospital in Berlin-Buch an Lungen- und Kehlkopftuberkulose. (Versensporn)

Ihm ist das 23. Heft der verdienstvollen Reihe Versensporn gewidmet. Das Heft bietet eine Auswahl der verstreut veröffentlichten Gedichte aus den Jahren 1914 bis 1931 (insgesamt 51).

Versensporn Heft 23 John Förste

Das Bild ist von Christopher R. W. Nevinson (1889 - 1946)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen