Donnerstag, 26. Januar 2023

Arthur Silbergleit: Page zur Prinzessin

 


Page zur Prinzessin

I.


Ich möchte gern als Spange an dir liegen,
Ich zitterte an dir in Zärtlichkeit,
Ich möchte mich als Gürtel an dich schmiegen
Und gern umklammern dein geliebtes Kleid.

Ich trüge bei zu deinen reinsten Siegen,
Daß du die Strahlendste im Schönheitsstreit,
Mit meiner Farben Regenbogenlügen
Weckt' ich der Pfauen und der Falter Neid.

Entsprühe einen deiner Blitze, Blicke,
Daß er aus mir sich leuchtend niederläßt:
Als Spiegel deiner schimmernden Geschicke
Glänzt Tag und Nacht mir wie ein großes Fest.

II.

Ich will dir in der tiefsten Demut dienen
Und deine Hände küssen andachtsvoll
Und mit der Süße weicher Violinen
Dir bringen meiner Lieder zarten Zoll.

Und deines Haares ährenblondem Segen
Und deines Blicks Zyanenblau mich weihn
Und mit dem Fiedelbogen oder Degen
Will ich der Hüter deines Herzens sein.

Bist du vielleicht dem Geiger mehr gewogen?
Deucht dir der Kämpfer eher liebenswert?
Ersing' ich dich mit meinem Fiedelbogen?
Erring' ich dich mit meinem schlanken Schwert?

Ich möchte deinen Stolz auf Tönen tragen,
Doch wenn du über deinen Diener lachst,
Will ich so Funken aus dem Degen schlagen,
Daß du ein Feuer in dir selbst entfachst.

III.

Zuweilen nenne ich dich Beatrice,
Zuweilen Sankta, weil du heilig scheinst.
Kling auf, du Name, der du alle Süße
Und aller Welten Seligkeit vereinst!

Ich brütete durch manche braunen Nächte:
Malt nie ein Name dich in Gnaden groß?
Wenn ich dir nun ein reifes Brautlied brächte,
In seiner Süße wär' es namenlos.

IV.

Ich bin dein Diener, denn ich bin dein Dichter,
In meinen klaren Versen fang' ich dich.
Und alle Spiegel, Spangen, Ampeln, Lichter,
Und alle Kerzen, sie beneiden mich.

Du bist so strahlend in mich eingegangen,
Dass deine Seele rein aus meiner sieht.
Nicht funkelnder kann dich ein Spiegel fangen
Als ich in meinem hellen, lichten Lied.

Arthur Silbergleit, geboren am 26. Mai 1881 in Gleiwitz in Oberschlesien; wurde am 13. März 1943 in das Konzentrationslager Auschwitz deportiert, wo er noch im gleichen Monat starb.

"Silbergleit ist ein Dichter, der am Webstuhl der Natur sitzt, in dem Göttliches noch ursprünglich wirkt. Er kommt vom Religiösen her, alles in ihm, an ihm ist stark und tief von Gläubigkeit durchglüht. In seinen Werken verknüpfen sich Stoff und Idee, Welt und Geist, verbinden sich Wissenschaft und Dichtung. Arthur Silbergleit kann selbst in seinen weltlichen Werken nicht verleugnen, daß er ein Sproß seiner Litauischen Ahnen ist, die als Priester in den Zelten Israels heimisch waren."

Max Tau (1897 - 1976), deutsch-norwegischer Schriftsteller.

"Die Benennung Sänger trifft auf Silbergleit vorzüglich zu, auf die Geschmeidigkeit und Beherrschung des Reims, auf die innere Regentschaft über Klang und Reim, auf die sorgfältige Vokalisierung, auf den bel canto, der jede lyrische Empfindung begleitet."

Max Hochdorf (1880 - 1948)

Das Bild ist von Virginia Frances Sterrett (1900 - 1931) 

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