Dienstag, 31. Januar 2023

Hans Bethge: Letzte Fahrt / Der Wanderer

 

Letzte Fahrt

Ich möchte heimlich still hinüberschreiten
So wie der Abend in die Nacht verrinnt.
Es sollen süße Lieder mich begleiten
Zu meinen Inseln, die beglückend sind.

Ich möchte sterben schön und ohne Fehle
Und noch im Tode reich an Sehnsucht sein
Und möchte fühlen, wie die freie Seele
Mit Klingen zieht zum Himmel ein.

Der Wanderer


Nun sehnen sich der Nacht entgegen
Die blauen Tale nebelstill.
Kaum dass die Wipfel sanft sich regen,
Und ist ein Duft an allen Wegen,
Der mir das Herz verwirren will.

Kein lockend Licht in aller Weite,
Die Nacht gewährt mir keine Ruh.
Und da ich langsam weiter schreite,
Spür ich ein Ahnen als Geleite -
Ich wandre meiner Heimat zu. . .

Aus: Hans Bethge, Die stillen Inseln, Gedichte, Schuster und Loefffler, Berlin 1904

Hans Bethge, geboren am 9. Januar 1876 in Dessau; gestorben am 1. Februar 1946 in Göppingen, Lyriker und Erzähler. Er schrieb auch Nachdichtungen orientalischer und fernöstlicher Lyrik.

Die Illustration ist von Heinrich Vogeler (1872 - 1942) für das Buch Sonnenuntergang, eine Dichtung, von Hans Bethge, 1900

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