Wandlung
Ich war ein Vers im Liede deiner Liebe,
und ein Gedanke bin ich nun
in der Ballade deiner letzten Fahrt.
Dein Traum barg Gott und mich,
von deiner feinen Finger Meisterschaft,
von deiner wilden Wehmut stamm ich ab
und irrte als ein sanfter Reim durch dein Gedicht.
Du küßtest mich aus deiner Leidenschaft empor,
du riefst mich an die Wand, die mich umschloß,
und draußen lebte noch ein Tag. –
Sahst du die Lerchen? Lerchen flattern auf.
Und hörtest du den wehen, wilden Klang?
Es war die Schale, die zersprang,
das Haus, das meinen Siegeslauf,
das mich verschlang.
Es rötet sich mein Tag! Die Götter kehren um,
dein feierlicher Mund wird stumm,
das Land wird licht vor mir und uferlos die Glut,
ich bin der Bach, ich bin die Flut,
sanft neigt sich das Gelände meinem Lauf.
Horch, Lerchen! Hörst du, Lerchen flattern auf!
Victor Hadwiger (1878 – 1911) Aus: Wenn unter uns ein Wandrer ist - Ausgewählte Gedichte, aus dem Nachlass heraus gegeben von Anselm Ruest, A. R. Meyer Verlag, Berlin-Wilmersdorf, 1912
Das Bild ist von Félix Valloton (1865 - 1925)
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