Eisblumen
Draußen im Dezemberwetter
Fliegen Runzeln, dürre Blätter,
Sind des Sommers tote Seelen …
Hoffnung, höre auf zu quälen,
Laß dem Winter seinen Ruhm,
Mal' ans Fenster Blatt und Blum':
Farrenkraut und Heckendorne
Mit dem spitzen Stachelsporne,
Zwischen steilen Schachtelhalmen
Federn eisbesternte Palmen,
Schlangenmoos und Mistelzweig
Gilt dem alten Zaubrer gleich.
In den stummen Winterwegen
Seh' ich Reiterlein sich regen,
Auf den weißen Elfenrößchen
Nach dem schneeverpelzten Schlößchen,
Wendeltreppe frosterstarrt,
Wo das schöne Fräulein harrt.
Durch das glitzernde Geländer
Gleiten ihre Jagdgewänder,
Silberhörner hallen leise,
Und der Fluß träumt unterm Eise,
Weiß und funkelnd angetan,
Jagen sie den wilden Schwan.
Oh, so Schönes gibt's zu sehen
In den weißen Traumalleen,
In den zarten Birkenhainen,
Bis im Tau die Fenster weinen …
Unbarmherzig Sonnenlicht,
Ach zerstör' mein Märchen nicht!
Aus: Irene Forbes Mosse . Ein kleiner Tod; Prosa, Lyrik, Zeugnisse; Herausgeber: Mondrian Graf v. Lüttichau, Verlag Autonomie und Chaos Berlin 2016
Irene Forbes-Mosse, geb. von Flemming, geboren am 5. August 1864 in Baden-Baden; gestorben am 26. Dezember 1946 in Villeneuve, Schweiz, Schriftstellerin. Sie schrieb Gedichte und Erzählungen und arbeitete als Übersetzerin. Im Dritten Reich wurden ihre Bücher verboten.
Bild: Pixabay, Daniel Büscher
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