Donnerstag, 26. Januar 2023

Walter Petry: Verkündigung

 


Verkündigung

Ein weites Sehen bringt den Berg heran.
Und Wege sind es Raum zu überwinden.
Wenn die Gestalten um dich hocken in der Zeit,
vorbei zu fließen sei dein Wille.
Unermüdlich tropft die Frage von dem Stundenbaum.
Ob Schlaf, ob Wachen:
keiner singt den Traum des Fühlens
anders, denn in Melodie des
Schmerzerweckens.
.
In tiefen Brunnen sargt man Freude ein.
Der goldene Rausch zerstob vorm Half der Schritte.
Zu viele Einsamkeiten gingen hin.
Zu viele trugen Hohn in kalter Seele.
Das Wort des Lebens brannte in den Staub.
Nun ist das Echo ferner Jahre dein Gespiel.
.
Nun schirrten flinke Hände deine Leiche.
Hinübertragen in das Tal der Berge,
wo Sonnensäulen leuchten und erklingen,
wohin die Seufzerleiden nur als Wolken dunkeln,
die Menschen aber: Angesicht zum Licht.
Denk du an Abende da du vergaßest.
Der hohe Richter ist bereitet dir. Die Flucht kam spät.
Nun ist die Stimme nah, die sich dir anbot,
die du schlugest, die vergab.

Aus: Angst und Erlösung, Verlag Der Zweemann, 1920

Walter Petry, geboren am 9. 8. 1898, Magdeburg; gestorben am 21. 7. 1932 in Berlin an den Folgen eines Autounfalles. Dichter, Proust-Übersetzer und Mitarbeiter an der Zeitschrift „Der Einzige“.

Das Bild "Die Toteninsel" ist von Arnold Böcklin (1827 - 1901) 

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