Donnerstag, 26. Januar 2023

Margarete Beutler: Nacht / Clement Marot an sich selbst

 


Nacht

Wieder leb' ich eine jener Nächte,
Wo die Seele lachend Stern an Stern
In die Ewigkeiten tropfen möchte,
Und mein Leib fühlt seine Schwere kaum . . .

Und in dieser Nacht - denn du bist fern -
Muß ich in gestaltendunklen, feuchten
Waldesgründen wie in Rausch und Traum
Meine ganze Seligkeit zerleuchten.

Aus: Neue Gedichte von Margarete Beutler
Bruno Cassirer Verlag Berlin 1908

Clement Marot an sich selbst


Ich bin nicht mehr, der ich gewesen
Und werd' es nimmer wieder sein;
Mein Sommer ohne Federlesen
Sprang meinem Frühling hinterdrein.
Eins aber weiß ich: Du allein,
O Liebe, hast mir Glück gegeben!
Und lebt' ich noch einmal dies Leben,
Es wär' noch schrankenloser Dein!

Aus: Margarete Beutler, Leb’ wohl, Bohème! Georg Müller Verlag, Leipzig und München, 1911 (Clement Marot war ein französischer Dichter. Er gilt als der bedeutendste französische Lyriker der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts).

Margarete Beutler, geboren am 13. Januar 1876 in Gollnow, Provinz Pommern; starb am 3. Juni 1949 in Gammertingen auf der Schwäbischen Alb. Sie wirkte als Lyrikerin und Übersetzerin aus dem Französischen. In den Schriften zum „Café Größenwahn“ und zum „Romanischen Café“, wo sie gerne verkehrte und bekannt war, wird erwähnt, dass sie 1925 „verschollen“ sei. Nach der Geburt ihres Sohnes lebte sie mit ihrem Mann, Friedrich Freksa, einem Roman- und Krimiautor, in München. Beutler war unter aanderem befreundet mit den Autoren Christian Morgenstern und Frank Wedekind. Nach ihrer Scheidung lebte sie zurückgezogen. Unter der Herrschaft der Nationalsozialisten entschied sie sich gegen einen Eintritt in die Reichsschrifttumskammer. Sie zählte sich selbst zur Bohème. Gedichte aus ihrem ersten Gedichtband (1902) sind auch in die Gedichtsammlung Lieder aus dem Rinnstein von Hans Ostwald (Hrsg.) aufgenommen worden.

Grete

Als ich dich fragte: Darf ich Sie beschützen?
Da sagtest du: Mein Herr, Sie sind trivial.
Als ich dich fragte: Kann ich Ihnen nützen?
Da sagtest du: Vielleicht ein andres Mal.
Als ich dich bat: Ein Kuss, mein Kind, zum Lohne!
Da sagtest du: Mein Gott, was ist ein Kuss?
Als ich befahl: Komm mit mir, wo ich wohne! -
Da sagtest du: Na, endlich ein Entschluss!

Erich Mühsam (1878-1934), an Margarete Beutler gerichtet,

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