Ich
wollt' das Lied des Herzens nicht verschweigen.
Ich wollt' es
jubelnd zu den Menschen schmettern,
Die bleich am Baume der
Erkenntnis klettern,
Das Glück vermutend in den kahlen
Zweigen.
Ich wollt' sie rufen zu den breiten Küsten,
An
die des Meeres Wellen silbern schlagen.
Ich wollt' sie lehren,
leichte Schultern tragen
Und freien Sinn in übermütigen
Brüsten.
Ich stoß ins Horn. Noch einmal. - Doch ich
staune:
Die Menschen lachen, die ich wecken wollte,
Als ob ein
Mißton in die Lüfte rollte. -
Es muß ein Sandkorn sein in der
Posaune.
Erich Mühsam, 6. 4. 1878 - 10. 7. 1934), Dichter, Anarchist, Suchender mit kindlichem Herzen, Mitinitiator der Münchner Räterepublik, dafür von den Nazis gehasst und schließlich im KZ Oranienburg ermordet. Aus: Wüste - Krater - Wolken, 1. Auflage 1914, 3. Buch, Wolken, 1909 - 1913
Bild: Ex Libris von Erich Mühsam, von ihm selbst entworfen, 1917
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