Mittwoch, 25. Januar 2023

Jakob Christoph Heer: Mein Garten

 


Mein Garten

Mein Garten ist ein Liederbuch,
Die Rosen und Reseden
Verstreuen weichen Wohlgeruch,
Im Wind die Bäume reden;
Sie flüstern Märchen mancherlei
Aus meines Lebens Gängen,
Wie oft ich Tor gewesen sei
Im Säumen und im Drängen.

Doch ob ich oft das Glück verschlief
In Lenz- und Sommerwinden,
Umsonst die Füße blutig lief,
Mich an ein Ziel zu finden –
Ich traure nicht. Was kam und schied,
Verzichten und Erwarten,
Geht wie ein fernes, altes Lied
Traumhaft durch meinen Garten.

Jakob Christoph Heer, geboren am 17. Juli 1859 in Töss, gestorben am 20. August 1925 in Zürich war ein Schweizer Heimatdichter. Er übte in seinen Werken, wie seinem Roman „An heiligen Wassern“, Kritik an der modernen Technik und am Fremdenverkehr. Allerdings bezieht sich seine Kritik auf das Übermaß dieser Erscheinungen, denen er den Wunsch nach der Erhaltung der Natur und der dörflichen Lebenskultur entgegensetzte.

Das Bild ist von Gustav Klimt (1862 - 1918)

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