Mittwoch, 25. Januar 2023

Maria Ramm: Verse

 


Verse

Mein Geliebter wandert in der Wüste,
In dem gelben Brand der sandigen Meere.
Heiße Winde stechen ihn wie Speere,
Und er weiß von keiner kühlen Küste.

Und die schweren Spuren seiner Schritte
Löscht der Sand. Die scheuen Himmel weichen
Vor dem starren Nichts des ewig Gleichen,
Von der Unabwendbarkeit der Mitte.

O Geliebter, falte deine Hände.
Laß dein Blut aus deinen Poren dringen,
Laß die Glut in deinen Ohren klingen.
Halte ein - und bete um das Ende.

Maria Ramm, aus: Die Aktion, 7. März 1914

„Die meisten derjenigen, die zwischen 1911 und 1932 in der Aktion veröffentlichten, sind im Nachhinein berühmt geworden. Doch – davon ist auszugehen – an die Frauen, mit denen er in Verbindung stand und mit denen er arbeitete, wird niemand erinnern. Allein über seine Ehefrau Alexandra Ramm-Pfemfert ist mittlerweile recherchiert und geschrieben worden; es wurde darauf hingewiesen, dass sie mehr leistete, als nur das Werk ihres Mannes durch die finanziellen Gewinne ihrer Buch- und Kunsthandlung am Leben zu erhalten. Sie übersetzte aus dem Russischen ins Deutsche, insbesondere die Werke Trotzkis, und leitete zeitweise einen eigenen kleinen Verlag, den Festland Verlag.

An ihre jüngere Schwester, die Majakowski-Übersetzerin Maria Einstein-Schaefer, geborene Ramm, erinnern sich hingegen wohl nur diejenigen, die an ihrem ersten Ehemann, dem Schriftsteller und Kunsthistoriker Carl Einstein, interessiert sind.“

Zitiert aus: Die verhexte Welt - Eine Erinnerung an die jüdische Feministin Nadja Strasser. Von Birgit Schmitt, Jungle World vom 25. 02. 2004

Das Bild ist von Howard Pyle (1853 - 1911)

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