Das Erbe
In Schutt und Staub ist Babylon versunken,
ein Tempel blieb vom alten Theben fest,
von Ktesiphon zeugt einer Halle Rest,
das große Angkor ist im Wald ertrunken -
auch unser ganzes Erbe sind Ruinen.
Noch kurze Weile zwischen toten Mauern
wird kümmerlicher Menschen Sorge dauern -
danach wird alles nur dem Efeu dienen.
Der Efeu des Vergessens wird sich ranken
um ein Jahrtausend hoher Blütezeit,
um dreißig Jahre mörderischen Streit.
Wir sind die Letzten. Unsere Gedanken
sind morgen tote Spreu, vom Wind verjagt,
und ohne Wert, so jung der Morgen tagt.
Wandlung
Von dem, was uns in jungen Jahren band,
an Wunsch und Wort in menschlichen Gestalten,
wie wenig hielt den tödlichen Gewalten
im letzten Prüfen unsrer Seele stand!
Wie vieles, was wir früher kaum gesehn,
ist heute nah mit ungeheurem Wirken:
Wir nähern uns den heiligen Bezirken,
vor denen scheu wir nun in Ehrfurcht stehn. . .
Wie Gold und edle Steine sich im Sand
verborgen halten, bis der Sand verweht
und ihr Gewicht allein im Sturm besteht,
So hebt sich nun aus allem lauten Tand
das Unvergängliche. Das Ich wird still,
wenn Es in ihm schon leise beten will. . .
Albrecht Haushofer, geboren am 7. Januar 1903 in München; wurde am 23. April 1945 in Berlin von der SS ermordet. Er war Geograph, Diplomat und Schriftsteller, und trotz inneren Missbehagens stieg er im Auswärtigen Amt auf, wurde aber später geschasst.
Sein Bruder Heinz Haushofer fand in der Manteltasche des Toten mehrere beschriebene Blatt Papier mit 80 Sonetten, Diese wurden 1946 unter dem Titel „Moabiter Sonette“ veröffentlicht.
Albrecht Haushofer war einer, der sein Gewissen erst spät entdeckte. Aber er ist dem Ruf dieser Stimme schließlich gefolgt. Bis in den Tod:
„Ich klage mich in meinem Herzen an: / Ich habe mein Gewissen lang betrogen, / ich hab mich selbst und andere belogen – / ich kannte früh des Jammers ganze Bahn – / ich hab gewarnt – nicht hart genug und klar! / Und heute weiß ich, was ich schuldig war …
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