Dienstag, 24. Januar 2023

Elisabeth Joest: Das flammende Herz

 


Aus einem Cyklus: Das flammende Herz

Der Mond streut Safran in die Parke;
Manchmal leises Taubenlachen der Liebenden.
Die runden Bänke stehn wie Sicheln
Und mähen Gefühle nieder. . .

Mein Herz strömt aus für die Liebenden,
In meinen Schmerz schütten sie ihr Lachen -
Ich bin der Becher,
Den sie an ihre Lippen führen
Und dann entleert ins Gras sinken lassen. -

***

In den Weinbergen des Oktober
Reifte unsere Begegnung
Wie eine Frucht.
Wir kelterten davon süßen Wein
In unseren Herzen.
Doch andere schlürften den gefüllten Becher
Der Bereitschaft. -
Wir sind nicht unser Eigentum,
Geliebter!
In fremden Leibern
Kreist der Scharlach unseres Blutes;
Das Murmeln Deiner Küsse in meinem Haar
Ist schwarzer Efeu auf der Schwelle eines Traumes. . .

Elisabeth Joest (1893 - 1927), aus: Das Landhaus, Eine literarische Monatsschrift, herausgegeben von Toni Schwabe, Fünfter Jahrgang 1920

Das Bild ist von Alphonse Osbert (1857 - 1939)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen