Dienstag, 24. Januar 2023

Franz Kafka: Der wild rollende Wagen

 


Der wild rollende Wagen

Ach was wird uns hier bereitet!
Bett und Lager unter Bäumen,
grünes dunkel, trocknes Laub,
wenig Sonne, feuchter Duft.
Ach was wird uns hier bereitet!

Wohin treibt uns das Verlangen?
Dies erwirken? dies verlieren?
Sinnlos trinken wir die Asche
und ertrinken unsern Vater.
Wohin treibt uns das Verlangen?

Wohin treibt und das Verlangen
Aus dem Hause treibt es fort.
Es lockt die Flöte, es lockt der frische Bach.
Was geduldig dir erschien,
rauschte durch des Baumes Wipfel
und der Herr des Gartens sprach.

Such ich in seinen Runen
Wechsels Schauspiel zu erforschen
Wort und Schwäne. . .

Franz Kafka (* 3. Juli 1883 in Prag, Österreich-Ungarn; † 3. Juni 1924 in Kierling, Österreich), aus den acht Oktavheften. Eines der wenigen mir bekannten Gedichte, die er geschrieben hat. .

Die acht kleinen Notizhefte, die Franz Kafka zwischen Ende 1916 und Frühjahr 1918 mit Bleistift beschrieb, enthalten neben diaristischen Aufzeichnungen und Briefentwürfen, vor allem zahlreiche Entwürfe zu seinen heute berühmtesten poetischen Texten. Zu einem Großteil wurden diese kleinen Erzählungen aus den Oktavheften erst nach Kafkas Tod veröffentlicht, nur einige wenige von ihnen fanden Eingang in den noch zu Lebzeiten publizierten ›Landarzt‹-Band.

Das Bild ist von Frederick McCubbin (1855 - 1917) 



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