Der Schwester
Auszug
Dass Du erlöschen konntest! Ausgebrannt
Wie eine Opferkerze am Altar. . .
Ein schwarzer Engel nahm dich bei der Hand,
Und führte schlafend dich ins Unbekannt,
Und alles war. . .
Vorbei für immer. Jenes Jugendbild,
Das Deinem Lächeln noch im Alter blieb,
Wie warst Du schön, wie warst Du wunderhold,
So ahnungslos Dir selbst, so ungewollt
Wie Blumentrieb.
Vertrieben und gestoßen in die Not,
Gepeinigt, überlastet Tag für Tag,
Zu hartes Lager, und zu kläglich Brot,
Bis Krankheit den erschöpften Leib bedroht, -
Und er erlag.
Und ich allein. In grellster Sonnenglut,
Und doch gestürzt in tiefste Finsternis.
Kannt ich ihn nicht, den Tod? Ich meinte gut,
Der Liebstes schon auf seine Bahre lud,
Und mir entriß -
Ich kannt ihn nicht. Erst jetzt erfuhr ich ihn,
Den Riesen, bis zum Himmel aufgereckt:
Der Stab dein eigen, der dir nur geliehen,
Nun wanke weiter mit gebrochenen Knieen,
Und staubbedeckt.
Nun stirb Dein Leben langsam, Stund um Stund
Im Schmerze, dem es kein Vergessen gibt,
Da Heiliges, in schwesterlichem Bund,
Dir unverdient, sich tat so einzig kund,
Dich so geliebt.
Elsa Bernstein, in Theresienstadt konzipiert, aus: An den Wind geschrieben - Lyrik der Freiheit 1933 - 1945, gesammelt, ausgewählt und eingeleitet von Manfred Schlösser unter Mitarbeit von Hans-Rolf Ropertz; Agora - Humanistische Schriftenreihe, Darmstadt 1961
Elsa Bernstein, (geborene Porges, Pseudonym Ernst Rosmer), geboren am 28. 10. 1866 in Wien, gestorben am 12. 7. 1949 in Hamburg-Eimsbüttel., Schriftstellerin und um 1900 vielgespielte Bühnenautorin.
Elsa Bernstein arbeitete kurze Zeit als Schauspielerin, musste diesen Beruf jedoch aufgrund eines Augenleidens aufgeben. Im Jahr 1890 heiratete sie den Rechtsanwalt und Schriftsteller Max Bernstein, der Staranwalt der politischen Opposition im Kaiserreich. Während der 1880er war er Anwalt der SPD und konnte in spektakulären Prozessen die Unhaltbarkeit der im Sozialistengesetz erhobenen Vorwürfe nachweisen. Er verteidigte Maximilian Harden (und wurde von Wilhelm II. als "gemeingefährlich" bezeichnet),Erich Mühsam, Felix Fechenbach und andere.
Zusammen mit ihrem Mann unterhielt Elsa Bernstein einen künstlerisch-literarischen Salon, den sie 1939 einstellen musste. Die Möglichkeit, 1941 in die USA zu emigrieren lehnte sie ab, da ihre Schwester Gabriele keine Einreisegenehmigung erhielt. Aufgrund ihrer jüdischen Herkunft wurde sie am 25. Juni 1942 zunächst nach Dachau und bereits am 26. Juni 1942 gemeinsam mit ihrer Schwester Gabriele in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Gabriele Porges kam im Ghetto Theresienstadt um, Elsa Bernstein wurde dort Anfang Mai 1945 befreit.
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